Whale-Watching vor der Küste der Vesteralen (Nord-Norwegen)
Gastbeitrag von Melanie Pfeifer, Meran
Wie schon im Jahr zuvor heißt unser Reiseziel Norwegen. Doch dieses Mal wollen wir den Norden sehen. Dieses einsame Land mit seinen kleinen Fischerdörfern, der Mitternachtssonne, den Elchen, Rentieren, Seeadlern, Robben und natürlich den Walen!
Ob wir auch nur eines dieser faszinierenden Geschöpfe zu sehen bekommen? Als Reisezeit haben wir dieses mal den August gewählt. Es ist noch warm und der größte Touristenandrang ist schon vorbei. Wir suchen die Ruhe und Einsamkeit des Nordens, möglichst wenig Touristen, dafür aber den Kontakt zu den Norwegern. Ein paar Brocken norwegisch lernen wir fleißig auf der Fahrt, auch wenn es nur für die wichtigsten Floskeln reichen soll – naja, besser als gar nichts!
Der Urlaub ist geplant, das WoMo gemietet und die Vorräte sind verstaut. Jetzt hält uns nichts mehr! Wir, das sind Thomas, Gandi (Thomas), Christian, Barbara und Melli.
Drei Wochen zu fünft mit dem Wohnmobil im hohen Norden liegen vor uns. Was wird uns diese Zeit bringen? Wird sich unser Traum, einen Wal zu sehen, erfüllen? Wir werden sehen – vor uns liegen jetzt ca. 8000 km.
Ein Urlaub im Norden Norwegens, was liegt da näher, als eine Walsafari. In den Reiseführern haben wir gelesen, dass ab Andenes, an der Nordspitze der Vesterålen, solche Touren angeboten werden. Also auf in Richtung Vesterålen, nördlich der Lofoten. Versteralen ist zwar weniger bekannt als die Lofoten, aber es gibt auch hier viele wunderschöne Plätze und Orte. Die Küste ist hier weniger schroff und zum Teil sehr flach und weitläufig.
Die Reiseroute
Für unsere Route von Meran über die Vogelfluglinie (Puttgaarden – Rødby – Malmö – Göteborg) nach Oslo und dann weiter über die E6 bis Narvik haben wir 3-4 Tage eingeplant. So schnell wie möglich in den Norden.
Über die RV 17 (an der Küste entlang bis Steinkjer) geht es dann wieder langsam zurück in den Süden. Für solch eine Tour sollte man mindestens 3 Wochen einplanen.
Es gibt einfach viel zu viel zu sehen.
Angekommen auf den Vesterålen
Nach drei Tagen haben wir die Inselgruppe weit über dem Polarkreis erreicht. Es ist einfach wunderschön hier. Wir werden gleich am ersten Abend mit traumhaftem Wetter belohnt. Mitternachtssonne gibt es zwar keine mehr, es ist ja schon August, aber es ist trotzdem noch 24 Stunden hell.
In einem kleinen Fischerdorf, Nyksund, erfahren wir, dass auch die Möglichkeit einer Walsafari von Stø aus besteht, einem kleinen Fischerdorf nicht weit weg. Wir müssen also nicht ganz hinauf bis Andenes und sparen uns so ein wenig Zeit. Das Schiff wäre zwar etwas kleiner, die Tour zeitlich länger, aber im August sei der Andrang dort nicht so stark, alles etwas gemütlicher.
Das hört sich doch perfekt an, genau was wir gesucht haben! Wir überlegen nicht lange und buchen gleich eine Tour für den nächsten Tag.
Wir genießen noch die Atmosphäre des kleinen Dorfes. Es leben und arbeiten hier ein paar Deutsche, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die alten Häuser zu erhalten und dem Dorf wieder Leben einzuhauchen. Früher war es mal ein reiches kleines Fischerdorf. Die Nyksunder lebten vom Fischfang und der Pelztierzucht. Man sieht auch heute noch die kleinen Drahtkäfige herumliegen, vom Gras teilweise überwuchert. Die Pelztierzucht, im Besonderen die Zucht von Nerzen, bot sich an. Durch den Fischfang gab es genügend Fischabfälle, die an die Nerze verfüttert werden konnten. Auf diese Weise nutzen die Nyksunder den ganzen Fisch und verdienten sich eine Menge Geld dazu. In den 70er Jahren war es dann aber mit dem Fischfang in Nyksund vorbei. Die Hafeneinfahrt ist für die großen Fischfänger zu eng und gefährlich; die kleinen Schiffe sind nicht mehr konkurrenzfähig. So entstand ein neues Dorf mit einem großen Hafen etwas außerhalb und die Fischer verließen Nyksund.
Jahrelang lebte dort niemand und die Häuser verfielen von Jahr zu Jahr mehr. In den 80er Jahren fing ein Deutscher mit dem Wiederaufbau an; jetzt gibt es ein Cafe, Restaurant, Übernachtungsmöglichkeiten und einen kleinen Tante-Emma-Laden. Außerhalb der Hochsaison ist es hier richtig gemütlich – viel Ruhe, nette Menschen und eine Landschaft zum verlieben!
Am Abend machen wir uns schließlich auf nach Toftenes, einem wunderschönen Campingplatz. Wir sind alle schon ganz aufgeregt, was wird uns der morgige Tag bringen? Werden wir einen Wal sehen? Es ist ein wunderschöner ruhiger Abend, und wir fahren mit einem kleinen Motorboot in den Fjord zum Angeln raus. Wir haben Glück und fangen unser Abendessen, drei leckere Dorsche, die wir auch gleich in der Pfanne braten.
Satt und müde gehen wir schließlich schlafen und träumen von den Walen.
…los geht es
Es heißt also früh aufstehen. Um 9 Uhr treffen wir uns im Hafen von Stø. Wir sind alle warm eingepackt, Windjacken und Pullover, denn draußen auf dem Meer wird es frisch werden. Unser Schiff, die Leonora ist ein alter Walfänger aus Stahl und bietet genügend Platz. Das Schiff wird nur noch für Whale-Watch-Touren und Beobachtungen eingesetzt. Es kommen wirklich nicht viele Touristen, insgesamt sind wir an die 50 Personen. Deutsche, Italiener, Engländer und Norweger.
Die Fahrt wird insgesamt 7 Stunden dauern, also doch ca. 2 Stunden länger als von Andenes aus, aber egal, eine Fahrt mit dem Schiff wird bei diesem Traumwetter (blauer Himmel und 27°C bestimmt schön. Die Temperaturen an Land täuschen! Unsere Begleiter versichern uns, dass wir die Pullover und Jacken unbedingt brauchen werden, der Wind dort draußen ist ziemlich kalt. Und sie sollten rechtbehalten. So schön und warm es im Hafen ist, bei der Fahrt hinaus, wird es mit dem Fahrtwind wirklich kalt. Mützen und Handschuhe kann man sehr gut gebrauchen.
Gegen Seekrankheit bekommen wir alle noch eine Tablette, die wir auch brav schlucken. Der Seegang auf der Rückfahrt soll etwas ungemütlich werden.
Mit an Bord sind ein Meeresbiologe und Maria, eine Studentin aus Spanien, die dort in Stø jeden Sommer ihr Praktikum macht. Sie ist für die Katalogisierung der Wale zuständig und kennt jeden Wal mit Namen. Sie erzählt uns auch ein paar Geschichten zu den Walen und versorgt uns mit weiteren Informationen. Bevor es los geht, bekommen wir eine halbstündige Einführung zum Thema Wale und Walfang. Im Besonderen geht es hier um die Pottwale/Spermwhales. Sie können bis zu 20 Meter lang werden, wiegen bis zu 60 t und sind die Spitzentaucher unter den Walen. Die Tauchtiefe, die sie erreichen können, liegt bei 3000 m, um großen Tintenfischen hinterher zujagen. Solche Tiefen können diese riesigen Lungentaucher nur mit Hilfe einer speziellen Anpassungstechnik erreichen. Dort unten wirkt ein Druck von über 200 atm auf sie ein. Oft erkennt man sogar die Narben, die bei einem Kampf mit einem Tintenfisch entstanden.
Nach einem Tauchgang, der so etwa 20 Minuten dauert, taucht der Pottwal wieder an der Oberfläche auf und ruht ein paar Minuten. Dabei stößt er regelmäßig Atemluft aus, die über dem kühleren Wasser kondensiert und somit wie eine Wasserfontäne aussieht. In Norwegen nennt man es Blas.
An diesem Blas lässt sich auch der Pottwal von anderen Walen unterscheiden. Sein Blas wird in einem 45° Winkel ausgestoßen, da das Blasloch, nicht mittig liegt. Jetzt wissen wir, worauf wir achten müssen!
Es fehlt nur noch eine Einführung zum Thema Sicherheit auf dem Schiff und los geht es! Vorbei an der Vogelinsel Anda Fyr mit ca. 40.000 brütenden Papageien- tauchern, Tölpeln, Seeadlern und Robben, geht es 12 Seemeilen raus vor die Küste der Vesterålen. Hier fällt der Kontinentalschild plötzlich von 200 m auf über 2500 m ab. Das Jagdrevier der Pottwale. Wer Interesse hat, kann von Stø auch eine Vogelsafari buchen. Mit einem großen Schlauchboot und warmen Schwimmanzügen geht es raus nach Anda Fyr.
Gekoppelt mit einer kleinen Angeltour kostet diese Safari ca. 350 NOK ( ca. 45 Euro). Hierzu muss gesagt werden, dass Reinhold, der diese Safari organisiert, Wert darauf legt, dass bei der anschließenden Angeltour nie mehr als 1-2 große Fische pro Kopf gefangen werden. Wer sich seinen Tiefkühler voll packen will, ist hier falsch aufgehoben.
Die Leonora macht einen kleinen Zwischenstopp bei Anda Fyr und wir können die Robben und Vögel eine Weile beobachten. Es ist schon toll diese Tiere mal nicht im Zoo, sondern in der Natur zu sehen. Die Tour fängt wirklich schön an.
Nach ca. 3 Stunden Fahrt sind alle schon ganz gespannt! Maria macht sich langsam fertig und bezieht Stellung auf dem Ausguck.
Der erste Kontakt
Angestrengtes Ausschauhalten auf dem ganzen Schiff. Noch hängen die Kameras locker um den Hals – Auf einmal geht ein unruhiges Murmeln über das Schiff! Dort hinten, war das nicht ein Blas? Und wieder – ja ein Blas. Etwa 200 m von Schiff entfernt.
Langsam dreht der Kapitän bei und nähert sich der Stelle. Die Wale sollen nicht durch das Schiff gestört werden, daher wird der Motor schon in einiger Entfernung ausgeschaltet und still auf das Auftauchen des Wales gewartet.
Dort, keine 50 m neben dem Schiff taucht er auf. Ein 15m langes Pracht- exemplar! Wir halten die Luft an, vergessen sogar die Kamera, so aufgeregt sind wir. Unser erster Pottwal und auch noch so dicht! Er scheint sich nicht sonderlich gestört zu fühlen und ruht neben dem Schiff. Er sieht aus wie ein U-Boot, nur die Rückenflosse und der hintere Teil vom Kopf sind zu sehen. Und immer wieder der Blas. Wir können an der Seite helle Streifen erkennen und Maria erklärt uns, dass es Narben sind, die von einer Verletzung durch den Kampf mit einem Kraken stammen.
Nach ungefähr 10 Minuten macht er sich bereit zum Tauchen. Er macht einen Buckel und die erste Tauchbewegung, aber erst beim zweiten Mal taucht er wirklich ab. Die Schwanzflosse hebt sich langsam aus dem Wasser, stellt sich senkrecht und verschwindet in der Tiefe. Er geht auf Futtersuche. Wir hatten wirkliches Glück, dass der Wal so dicht auftauchte.
Maria erklärt uns, dass die Wale an der Fluke (Schwanzflosse) unterschieden werden, sie ist wie ein Fingerabdruck, bei jedem Wal anders. Deshalb fotografiert sie von jedem Wal die Fluke, so werden die einzelnen Wale katalogisiert. Auf diese Weise können die Forscher die Bestände vor den Vesterålen kontrollieren. Es sind immer die gleichen Tiere, die dort im Sommer auftauchen. Fehlt einer, merken die Biologen es sehr schnell.
Auf einmal stößt Maria einen Jubelschrei aus:“Schaut, es ist Loki!“. Loki ist ein alter Pottwal (zu erkennen an der helleren Haut), den sie schon eine Weile vermisst hatten. Heute ist er endlich aufgetaucht. Die Freude ist groß!
Dieses tolle Schauspiel konnten wir an diesem Tag noch 8 mal beobachten. Dann hieß es Abschiednehmen von den Walen und Abfahrt zurück nach Stø. Langsam machte sich dann auch die Tablette bemerkbar, und wir wurden alle etwas müde
Um die lange Rückfahrt ein wenig zu verkürzen, gab es für alle Fiskesuppe satt. Nach insgesamt 8 1/2 Stunden kamen wir müde, erschöpft, aber mit unglaublichen Bildern im Kopf im Hafen von Stø an.
© copyright Bilder und Text: Melanie Pfeifer, Meran
BERICHTE VON GÄSTEN | WHALE WATCHING |
Am 7. Juni 2010 um 07:38 Uhr
Hallo!
Ich bin ganz hin und weg von euern Bericht! Wir wollen diesen August auch nach Norwegen mit dem Wohni.Wie weit ist das denn von Malmö bis zu den ersten Stellen wo man Wale sehen kann,oder besser ein Schiff buchen kann.Wir haben nur 3 Wochen Zeit.
Würde mich über eine Antwort freuen und bedanke mich schon mal im Vorraus!
Gruß Thomas
Am 7. Juni 2010 um 12:43 Uhr
Hallo Thomas,
von Malmö bis Vesteralen, wo man eigentlich sicher Wale sieht, ist es ein ganz schönes Stück, etwa 2000 km, für die man mindestens 30 Stunden reine Fahrzeit einrechnen muss. Da seid ihr dann aber nur gefahren.
Ich wünsche Dir viel Erfolg!
Rüdiger
Am 12. Juli 2011 um 13:02 Uhr
Hallo,
toller Bericht und eine schöne Erinnerung an meine Whale-Watching-Tour vor nunmehr 3 Jahren. Ich war Ende Juli mit meiner Mutter von Tromsö bis zu den Lofoten unterwegs und ein Highlight war dieser Ausflug auf der Leonora. Ein paar Eurer Fotos sind regelrecht identisch mit meinen. ;-)
Wir hatten auch das Glück, viele Wale zu sehen (irgendwann rief der Kapitän „Jetzt reichts, wir müssen zurück!“ ;)) und es waren unbeschreibliche Momente! Ein grandioses Erlebnis, welches ich jedem Norwegen-Reisenden empfehlen würde.
Viel Freude und schöne Erlebnisse bei Euren weiteren Touren wünscht
Susan
Am 24. April 2014 um 19:15 Uhr
Hallo Rüdiger,
ein toller Reisebericht! Das weckt die Lust darauf, am besten gleich morgen loszufahren!
Ich muss zwar noch ein bisschen sparen, aber dann steht eine Hurtigruten-Kreuzfahrt an!
Schön wenn jemand solche Erfahrungen teilt!
LG Hanna
Am 24. April 2014 um 19:18 Uhr
Hallo Hanna, da musst Du dich bei Melanie Pfeifer bedanken, die mir Ihren Bericht für meine Seite geschenkt hat :)