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Am Tulove Grede und wieder zurück zum Hotel Gacka



An den Winnetou-Drehorten am Tulove Grede


Etwas weiter geht es links Richtung Südosten. Bis zu den Drehorten der 60-er-Jahre-Winnetou-Filme, am Tulove Grede ist es nun nicht mehr weit hin. Links unten kann ich bereits das Haus von Mile Sarlija sehen, den ich am 6. September 2015 hier persönlich angetroffen habe und der mir von seinen Abenteuern beim Dreh mit Pierre Brice und Lex Barker erzählt hat. Mile müsste inzwischen auch schon so um die achtzig sein.

Als wir den Tulove Grede sehen, kann ich dann einfach nicht mehr anders. Track 1 der Martin-Böttcher-Winnetou-Melodien-CD, die im Autoradio schon lange auf ihren Einsatz gewartet hat, kommt jetzt endlich zum Einsatz: Ich dreh den Regler bis zum Anschlag und wir lauschen den Streichern, welche die leidenschaftliche und abenteuerliche „Old- Shatterhand-Melodie“ spielen. 𝄞♫ 𝅗𝅥 Da li laaaaaaah, di, la laaaaaaah – di, la, laaaaaaah, di, la laaaaaaah ♫ 𝅗𝅥.

Dass Böttcher dieses Stück seinerzeit ausgerechnet in D-Dur geschrieben hat, ist sicher kein Zufall. Viele Menschen empfinden D-Dur – auch wenn sie von Musik keine Ahnung haben – nämlich rein intuitiv als aufmunternd, optimistisch und positiv. D-Dur ist die Tonart, die – und was könnte besser passen zu Old Shatterhand – eine energetische und mitreißende Atmosphäre erzeugt. Selbst ich tu mir schwer, beim Hören keine Tränen in die Augen zu bekommen. Diese Melodie, von vielen oft fälschlich als Winnetou-Melodie bezeichnet, hat mich schon als kleines Kind emotional berührt und sich je älter ich wurde auf ewig in meinem Kopf festgesetzt.

Da sind wir nun also, im Land Winnetous. Auch wenn „Katzabärle“ weder ein schwarzer Rappe ist – auch nicht mit Iltschi oder Hatatitla verwandt ­–, Susanne keine Indianerin und ich mit Shatterhand nur das „Old“ gemeinsam habe, können wir hier das Abenteuer unserer Kindheit doch riechen und die Helden dieser Zeit vor uns sehen, wenn wir im Fiat über die kroatische Prärie pesen. (Das Wort „pesen“ – rennen, schnell laufen mit fünf Buchstaben – habe ich übrigens von Susanne, mit der ich jeden Nachmittag – wir wollen schließlich nicht einrosten – Sudoku mache und Kreuzworträtsel löse.)

Nach einer Rechtskurve auf dem in 850 m Höhe gelegenen Bergsattel Vrhprag halten wir an einer Windschutzmauer an. Auf deren Westseite – wohl mit Blick ins Abendrot – ist seit einigen Jahren eine Pierre-Brice-Winnetou-Gedenktafel angebracht.

Noch kurz um die Windschutzmauer herum, wo wir das Auto auf deren Ostseite abstellen, dann stehen wir direkt 270 m unterhalb des 1120 m hohen Tulove Grede, der nur 500 m weiter östlich majestätisch in den Himmel ragt.

In diesem Gebiet entstanden die für mich wesentlichen Szenen aller Winnetou-Filme. Man kann sich drehen, wohin man will, überall nur Drehorte, der ganze amerikanische Westen auf wenigen Hektar.

Fangen wir im Nordwesten, also bei etwa 11 Uhr an:

  • Nur 250 m von hier (ganz in der Nähe von Miles Haus) ritt Winnetou in „Winnetou und das Halbblut Apanatschi
  • 250 m nördlich ist der „Elefantenfelsen“. Hier stiegen die Banditen in „Winnetou I“ von den Pferden und kletterten hoch in die Berge. Hier entstanden auch die Szenen um Santers Ende.
  • 100 m weiter in gleicher Richtung findet man die Gräber von Intschu-tschuna und Nscho-tschi
  • 500 m östlich davon entstand die „Begrüßungsszene“ für das Winnetou-III-Plakat und
  • nur 150 m südöstlich ist die Geierwiese auf der die „Geierbande“ in „Unter Geiern“ lagerte
  • in Richtung Ost-Südost, aber rund 1 km weit weg, ist die Stelle, an der Winnetou in „Winnetou III“ gestorben ist (aber Vorsicht, von dort ist es – ohne GPS – gar nicht so einfach, wieder hierher zurückzufinden).

Wir sind – ohne Frage – an einem – für Winnetou-Fans – heiligen Ort.

Als wir aussteigen wollen, weht hier aber nicht der „Hauch von Winnetou“, sondern ein wohl nach dem griechischen Gott der Stürme und Winde benannter heftiger „Sturm des Poseidon“.

Ich schaffe es kaum, die unten stehenden Fotos von dem „Katzabärle“ und der „Fotogalerie“ an der Ostseite der Windschutzmauer zu machen, so stark bläst der Wind. Ich denke, Windstärke 8 ist nicht übertrieben.

Aber wie sagte schon Edward-Abbey – ich wandle das Zitat etwas ab: „Mögen deine Wege auch krumm, kurvenreich, einsam und gefährlich sein, so können sie doch zu den erstaunlichsten Aussichten führen.“

All die oben genannten Drehorte können wir wegen des mächtigen Winds am heutigen Tag auf keinen Fall besuchen. Das wäre aus meiner Sicht viel zu gefährlich. Ich habe jetzt auch richtig Schiss vor der Fahrt nachher, runter nach Marune und zur Straße 547. Wenn uns da der Wind von den Serpentinen bläst, sind wir schneller in den ewigen Jagdgründen, als uns lieb ist!

Aber trotz aller Sorge und dem Unbehagen im Bauch müssen wir uns – bevor wir den Ort verlassen – noch ins Winnetou-Fanbuch eintragen, das in einem mit einem Kisten-Spannverschluss verschlossenen Blechbriefkasten an der Windschutzmauer aufbewahrt wird. Ich nehm‘s raus uns setz mich sogleich ins Auto. Draußen zu schreiben ist bei dem Wind schlichtweg unmöglich.

Susanne verewigt sich darin in unser beider Namen, dann steig‘ ich aus, stopf‘ das Buch wieder in den Briefkasten und vergewissere mich, dass der Spannverschluss auch wirklich sicher verriegelt ist. Danach wagen wir die Fahrt auf der Südseite des Velebit wieder runter.

Fahrt runter in die Zrmanja-Ebene


Über der Kapelle, die zum Gedenken an den am 17. Februar 1994 bei der Verteidigung Kroatiens gefallenen Damir Tomaljanović errichtet wurde, braut sich etwas zusammen.

Trotzdem hätte ich gerne noch ein Bild von unserem Panda in einer der Serpentinen des Apachen-Gebiets. Ich drück Susanne meine 750er in die Hand, lass sie aussteigen und fahr 50 m weiter runter in die Kehre. Das Foto ist – außer, dass es vielleicht dokumentarischen Zwecken dient – aber leider so gar nichts geworden. Wie mir Susanne hinterher sagte, hatte sie Mühe, sich bei dem Sturm selbst auf den Beinen zu halten.

Nach ein paar weiteren Serpentinen – der Panda wackelt gewaltig und wir tasten uns im Schritttempo nach unten – sehen wir ein Haus mit einem leuchtend roten Dach. Links davon ist die Svetog-Frane-Kirche, die 1832 neben der damals gebauten Passstraße errichtet wurde, und noch weiter links erkennt man die Ruinen der ehemaligen Grenzstation, an der seinerzeit die Pferde gewechselt wurden.

Eine viertel Stunde später sind wir schon deutlich weiter unten – immerhin schon 170 Höhenmeter – und der Wind ist lange nicht mehr so heftig wie oben, aber immer noch deutlich spürbar.

Die Stelle, wo der Sveti Rock Tunnel im Süden aus dem Velebit-Massiv herauskommt, haben wir schon lange hinter uns gelassen und in Skutinovac sind wir (bei inzwischen 345 m ü. M.) nun auch schon über 500 Höhenmeter weiter unten. Genau hier kommen wir in einer scharfen Rechtskurve an der Ruine des Geburtshauses des kroatischen Rekordnationalspielers Luka Modrić vorbei, der 2018 bei der Weltmeisterschaft in Russland als bester Spieler des Turniers und im gleichen Jahr als Europa- und Weltfußballer des Jahres ausgezeichnet wurde. (Bitte nicht mit dem Komiker Luke Mockridge verwechseln!) Auch Modrić‘ Elternhaus wurde im Kroatienkrieg von serbischen Freischärlern niedergebrannt.

Was für Winnetou-Freunde an dieser Stelle aber auch wichtig ist: Genau hier stand 1963, auf der Außenseite der Kurve Klekih-Petras Totenbaum, dessen Betonfundament auch heute noch zu erkennen ist.

Wieder zurück zum Hotel Gacka


Um viertel acht sind wir dann unten auf der D54 und anschließend auf der D27, von wo aus man – wir sind jetzt in Muskoci – einen Wahnsinnsblick auf das Velebit-Massiv hat.

Auf der D27 und D50 fahren wir über Gračac und Gospić nach Hause ins Hotel Gacka. Aufgrund etlicher Geschwindigkeitsbeschränkungen – mitunter wundert man sich wirklich, warum auf der gut ausgebauten D27 die Geschwindigkeit manchmal auf 30 km/h gedrosselt ist und auf der ebenfalls gut ausgebauten D50 häufig 40 km/h-Schilder zu sehen sind –  brauchen wir für die 111 km über zwei Stunden.

Kein Wunder, dass die Sonne inzwischen so tief steht, dass man fast nichts mehr sieht. Ist das vielleicht der Grund für die Geschwindigkeitsbegrenzungen – oder sind es doch die Wildschweine?

Wildschweine haben wir jedenfalls keine gesehen, aber herrenlose Hunde und Marder. Vor Gospić rennt uns doch tatsächlich ein streunender Hund vors Auto. Würdest Du jetzt schneller als 40 km/h fahren, hätten Du und er keine Chance mehr.

Ne viertel Stunde später flitzt in der Bilajska Ulica in Höhe des Bahnhofs von Gospić ein Marder von links nach rechts über die Straße. Habt ihr übrigens gewusst, dass man hier bis ins 12. Jahrhundert mit Marderfellen (kroatisch krzno kune) gezahlt hat und dass sich aus diesem Umstand dann die kroatische Währung Kuna entwickelt hat und dass im Wappen Kroatiens auch heute noch ein Marder (kroatisch kuna kuna) zu sehen ist?

Nach einem Tag voller Winnetou-Abenteuerlichkeit kommen wir um halb zehn endlich im Gacka an. Damit war auch dieser Tag, inzwischen der fünfte Tag unserer Sieben-Tage-Road-Trip-Tour, ein absoluter Hammer!

Nach dem obligatorischen Feierabendbier und den Tagebucheinträgen gehen wir glücklich – und mehr als zufrieden – die Nachtruhe an.


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