Homepage / Suche / Gästebuch / Impressum

3. Wilhelmshavener Schweinswaltage (2019)

Dienstag 16.4.2019


Wilhelmshaven – Südstrand


Da in Wilhelmshaven – so mein Eindruck – vor 10:00 Uhr morgens „tote Hose“ ist, haben wir heute mal so richtig lange geschlafen. Susanne ist heute auch schon viel, viel besser drauf als gestern, sodass der Ausfahrt mit der „Harle Kurier“ – auch für sie – heute nichts im Wege stehen dürfte.

Und wie erwartet: An der Südstrand-Promenade ist morgens um halb zehn absolut „tote Hose“. Menschen scheinen um diese Zeit hier noch seltener zu sein als Schweinswale. Dabei ist das Wetter heute nochmal einen Tick besser als gestern.

Außer Susanne und mir ist keine Menschenseele unterwegs. Doch halt! Um dreiviertel zehn sehe ich an der Südpromenade tatsächlich Menschen – sechs Stück auf einmal. Wir haben immer noch Zeit – erst um zehn wollen wir uns mit Frank treffen – und so schlendern wir den Fliegerdeich südlich des Parkplatzes auf uns ab.

Wie menschenleer Wilhelmshaven trotz der 6 Menschen auf dem vorigen Bild noch immer ist, zeigt sich auch das nächste Bild, wo Susanne mutterseelenallein „den Naturgewalten von Wind und Meer trotzend“ – so die Intension des Designers Klaus Evenburg, der die „Windwächter“ im Jahr 2000 schuf und den Bewohner der Küste zeigt, der ständig die Nähe der Naturgewalten sucht – für ein Foto posiert.

Gegen zehn treffen wir – wie verabredet – am Südende der Kaiser-Wilhelm-Brücke Frank. Zusammen wollen wir heute eine Fahrt auf der „Harle Kurier“ unternehmen. Auch sie fährt heute exklusiv für die 3. Wilhelmshavener Schweinswaltage.

Bis zum Liegeplatz der „Harle Kurier“ sind´s von hier aus etwas mehr als 1 km, zu Fuß – wenn wir langsam gehen – also 20 Minuten.

Schweinswaltage, Wilhelmshaven – Ausfahrt mit der MS Harle Kurier


Ich bin froh, dass es Susanne wieder besser geht und sie heute mit rausfahren kann. Auch heute sind – wie gestern auf der Franzius – Experten mit an Bord, die uns sicher Spannendes über die einzigen Wale in deutschen Gewässern und all die anderen Tiere erzählen werden.

Auf dem Weg zur Harle Kurier – oder war es schon an Bord im Hafen? – sehen wir unseren ersten Schweinswal. (https://www.schweinswaltage.de/programm-16-april.html)

Jan Herrmann begrüßt uns an Bord und erklärt, was heute wohl so alles auf uns zukommen wird. Mit an Bord ist auch ein Kamerateam vom NDR-Regionalmagazin „buten un binnen“.

Was ich nicht erwartet hätte. Mitten auf dem Wattenmeer werden von den Forschern Eimer ins Wasser gelassen und das, was sich darin angesammelt hat, in kleine Aquarien verteilt. Es versteht sich von selbst, dass die Aquarien allesamt mit Sauerstoffpumpen versehen sind, sodass die Tiere, während wir sie beobachten, möglichst wenig Schaden nehmen. Neben anderem sehen wir Schwimmkrabben (ihr fünftes Beinpaar ist mit einer Art Flossen ausgerüstet), Stinte (die kleinen Fische riechen nach Gurke), Grundeln (diese Fische haben einen bulligen Kopf), Seenadeln (längliche Fische, zu denen auch die Seepferdchen gehören) und Schwertmuscheln (scharfkantige längliche Muscheln).

Es versteht sich von selbst, dass sämtliche Tiere nach der Begutachtung wieder unbeschadet ins Meer entlassen wurden.

 

Nachdem wir uns bei Heidis Bude gestärkt haben, heißt es für Frank Abschied nehmen – er muss morgen wieder arbeiten. Für uns heißt es – den Panda anwerfen und ab nach Bremerhaven. Behrmanns haben uns heute Nachmittag zu Kaffee und Kuchen eingeladen.

Wir haben – wie eigentlich immer – Riesenglück und können in der Bismarckstraße direkt beim Holzhafen kostenlos parken. Zu den Behrmanns sind´s von hier aus zu Fuß gerade mal 3 Minuten.

Bremerhaven – Kaffeetrinken bei Behrmanns


Von Gudrun und Günther Behrmann ins Wohnzimmer des – für mich – bedeutendsten deutschen Walpräparators (kennt irgendjemand einen Präparator, der mehr Wal- und Delfin-Präparate erstellt hat als Behrmann?) und Walexperten und zu Kaffee und Kuchen eingeladen zu werden, kommt mir schon einem Ritterschlag gleich.

Ich denke, Susanne sieht das genauso. Weil Günthers Geschenk gestern noch sorgfältig verpackt war und Susanne es erst im Hotel öffnen konnte, hat sie die präparierte Flosse des Weißschnauzendelfins heute nochmal dabei, weil sie unbedingt noch ein Foto zusammen mit Günther, Finn und der Flosse haben möchte.

Derweil wir uns bei Kaffee und Kuchen laben, bekommen wir auf dem Balkon auch noch Besuch von einer Dohle. Diese Vogelart gibt es bei uns in Süddeutschland – soweit ich weiß – gar nicht mehr.

Es tut mir echt leid, aber unser Zeitplan ist so gedrängt, dass wie die Behrmanns um 16:15 Uhr leider schon wieder verlassen müssen, aber man ist nicht in Bremerhaven gewesen, wenn man dort nicht auch im Klimahaus war. 4 bis 5 Stunden, so kalkulierten die Planer, müsste man allein für die „komprimierte Erdumrundung“ einplanen. 2½ Stunden sind also viel zu wenig für einen Besuch, der diesem außergewöhnlichen Museum auch nur annähernd gerecht würde. Wir machen´s trotzdem.

Bremerhaven – Klimahaus


Gegen halb fünf stellen wir den Panda in der unter dem Klimahaus liegenden Tiefgarage „Havenwelten“ ab. Wir zahlen stolze 17 € Eintritt pro Nase, aber im Nachhinein wird sich herausstellen, dass der Besuch – auch wenn wir nur einen kleinen Teil des Klimahauses gesehen haben – jeden einzelnen Cent davon wert war. Selten, dass mich ein Museum emotional so berührt hat. Aber der Reihe nach…

Wir haben uns extrem eingeschränkt und uns exklusiv für den Bereich „Weltreise“ entschieden. Hier begleiten wir einen Weltenbummler, der – im Gegensatz zu Phileas Fogg, der die Welt in West-Ost-Richtung umrundete – dies in Nord-Süd-Richtung tut, entlang des 8. Längengrads und auf der „Rückseite der Erde“ weiter entlang des 172. Längengrads in „Süd-Nord“. Das hört sich etwas kompliziert an, da Axel Werner, so heißt der Weltenbummler, seine Richtung ja niemals änderte.

Auf unserer Reise um die Welt werden wir mit Axel Station in 9 unterschiedlichen Regionen machen:

  • in Isenthal in der Schweiz
  • in Seneghe auf Sardinien
  • in Kanak im Niger
  • in Ikenge in Kamerun
  • im Königin-Maud-Land in der Antarktis
  • in Satitoa auf Samoa
  • in Gambell, St. Lorenz Island, Alaska
  • auf der Hallig Langeness in Deutschland
  • und schließlich wieder zu Hause in Bremerhaven

Bevor wir durch eine Schiebetür in die Ausstellung „Weltreise“ dürfen, heißt es erst mal Warten. Durch eine Art „Blockabfertigung“ will man die Menschenmassen kanalisieren. Oberhalb der Schiebetür stehen unzählige Aphorismen bedeutender Menschen, die uns auf das Thema „Weltreise“ einstimmen sollen.

Der Rundgang durch die Ausstellung beginnt an einem Bahngleis in Bremerhaven. Von hier aus geht es 735 km südlich nach Isenthal in der Schweiz.

Isenthal, Schweiz


Isenthal liegt etwa 50 km südlich von Zürich in der Nähe des Vierwaldtstätter Sees. Hier blicken wir als Erstes in Axels liebevoll illustriertes Reisetagebuch, das die ganze Reise so menschlich, so nachvollziehbar macht.

Wir steigen auf einen hohen Schweizer Berg (in Wirklichkeit sind es nur steile Treppenstufen, die aber auch anstrengend sind zu gehen) und tragen uns dort in das Gipfelbuch ein.

Kleiner Hinweis am Rande: Man muss die Treppenstufen nicht gehen, das Haus ist komplett behindertengerecht gestaltet, sodass auch Menschen mit Handicap die Ausstellung besuchen können.

Eine Idylle sollte man meinen, aber immer häufiger soll es hier zu Lawinenabgängen kommen. Bisher hat der Permafrost das Geröll zusammengehalten, aber jetzt… Ist das schon der Klimawandel?

Über eine wackelnde und schwankende Luftseilbahn, die eher für Warentransporte gedacht ist denn für Menschen, gelangen wir ins 750 km Luftlinie südlich von Isenthal gelegene Seneghe auf Sardinien.

Seneghe, Sardinien


Hier werden wir von allerlei Tieren empfangen, u.a. einer Vipernnatter (Natrix maura) und einem Sardischen Seibenzüngler (Discoglossus sardus). Die Ausstellung möchte wohl, dass wir uns in diese kleinen Wesen hineinversetzen, denn der Klimawandel bedroht ganz offensichtlich nicht nur uns Menschen, sondern auch den Mikrokosmos unserer tierischen Mitbewohner.

Der Hintergrund, der der Abteilung „Seneghe, Sardinien“ zugrunde liegt, ist die Frage des US-amerikanischen Meteorologen Edward N. Lorenz, der vor knapp 50 Jahren vor der American Association for the Advancement of Science einen Vortrag hielt mit dem Titel Predictability: Does the Flap of a Butterfly’s Wings in Brazil set off a Tornado in Texas?

Das mag für manchen lächerlich klingen, aber die Realität hat uns längst eingeholt. Bedenkt doch nur, wie viele Hektar Wald und Weiden allein durch einen einzigen, achtlos weggeworfenen Zigarettenstummel vernichtet werden können.

Aber auch die Tierwelt verändert sich. So leben heute in Europa Insektenarten, die früher nur in Afrika zu Hause waren. Das hat Auswirkungen auch auf uns.

Die nächste Station liegt 2500 km südlich – im Klimahaus lediglich ein paar Meter weiter – mitten in der Republik Niger.

Kanak, Niger


Die Region ist sehr, sehr trocken. Während es nachts schon mal 0 °C haben kann, wird der Tag durch große Hitze bestimmt. Das merken auch wir sehr schnell, als wir den auf 35 °C aufgeheizten, rund 200 m² großen Raum betreten. Die Luft ist flirrend heiß, der Boden ist staubtrocken. Um die extreme Trockenheit im Norden des Nigers zu veranschaulichen, fällt auf den 200 m²-Niger-Ausschnitt alle 12 Minuten lediglich ein einziger Tropfen Wasser. Wasser ist also extrem knapp. Mitunter müssen die Menschen hier in der Sahelzone bis zu 70 m tiefe Brunnen graben, um überhaupt noch Spuren von Wasser zu finden. Deutlicher kann man den Niedergang der Welt nicht mehr erfahren. Da bekommt man nicht nur wegen Wassermangels einen trockenen Mund.

Niger ist ein reines Binnenland, das überwiegend aus Wüste besteht. Dazu kommt, dass die Wüstenbildung voranschreitet. Das landwirtschaftlich nutzbare Land wird immer weniger. Verschärft wird die Situation zusätzlich durch menschliche Einflüsse. So hat sich die Bevölkerung aufgrund mangelnder Geburtenkontrolle seit 1960 – damals wurde die ehemals französische Kolonie unabhängig – von 3,2 Millionen auf über 20,6 Millionen versechsfacht. Abholzung, Überweidung und Übernutzung der kargen Nutzflächen sind die Folge. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, zerstören häufig auch noch Heuschreckenplagen die ohnehin schon extrem spärliche Ernte.

Wir sind heilfroh, als wir aus dem „Backofen“ herauskommen und uns am Wasserspender erfrischen können. Krasser könnte der Kontrast nicht sein.

Unsere nächste Station liegt weitere 1.400 km südlich in Ikenge, Kamerun.

Ikenge, Kamerun


Wir haben zwar immer noch 30 °C aber im Gegensatz zur vorigen Station Niger haben wir hier eine Luftfeuchtigkeit von 80 %. Hier im Regenwald – die Bäume sind uralt und riesengroß – gibt es Wasser im Überfluss. Hängebrücken überspannen Flüsse, in denen sich Fische tummeln und an deren Ufern Sumpfkrokodile lauern. Eine einzigartige Tier- und Pflanzenvielfalt, sollte man meinen…

… aber der Regenwald, der einzige Urwald Afrikas, der alle Eiszeiten überlebt hat, ist bedroht. Zunehmend fällt er den Kettensägen zum Opfer. Im Klimahaus wird dies dem Besucher auf brutale Weise akustisch und visuell vermittelt.

Südlich von Ikenge gibt es nur noch Wasser, zunächst 9.000 km Südatlantik und dann 3000 km antarktisches Eis. Der Südpol liegt längst hinter uns und wir befinden uns auf der „anderen Seite der Welt“ im Königin-Maud-Land.

Königin-Maud-Land, Antarktis


Das Königin-Maud-Land, von dem ich noch niemals zuvor etwas hörte, ist etwa 8mal so groß wie Deutschland. Die tiefste dort jemals gemessene Temperatur soll bei -89 °C gelegen sein. Hier hat Axel – natürlich im antarktischen Sommer – sein Zelt aufgestellt. Einen blöderen Zeltplatz hätte er sich wohl nicht aussuchen können. Offensichtlich lebt er aber noch – immerhin hört man ihn noch wimmern.

Auch uns überrascht der Temperatur-Schock, obwohl wir im Klimahaus anstatt auf -60 °C nur auf „gnädige“ -6 °C heruntergekühlt werden. Diese Minusgrade waren den Erbauern wichtig – auf diese Weise besteht die Klimahaus-Antarktis nämlich auch aus echtem Eis – Ausrutschgefahr inklusive.

In der echten Antarktis ist es aber noch deutlich kälter. Kein Wunder, dass hier praktisch niemand lebt, außer ein paar „verrückte“ Polarforscher.

Für Wissenschaftler ist die Antarktis insofern von Interesse, da hier – im Gegensatz zur Arktis – Landeis vom Meer umgeben ist. Auf diese Weise ist das Eis in der Antarktis wesentlich stabiler als das Meereis in der Arktis. Gäbe es dieses stabile Eis der Antarktis nicht, würde sich die Erde wahrscheinlich noch schneller erwärmen.

Bevor wir uns jetzt eine „Lungenentzündung“ holen, sollten wir uns auch etwas aufwärmen. Dafür bietet sich Satitoa auf Samoa an, 8.000 km weiter nördlich gelegen.

Doch bevor wir dorthin kommen, werden wir über eine Treppe in „himmlische Gefilde“ entführt. Waren die Erbauer dazu durch den über dem Südpazifik von jeglicher Lichtverschmutzung freien Sternenhimmel inspiriert?

Ihr werdet es vielleicht nicht glauben, aber auch der „Mangel an Dunkelheit“ stört Flora und Fauna. Überall auf unserer bewohnten Welt wird es nie ganz dunkel. Während man beispielsweise in der Südsee bei klarer Sicht mit bloßem Auge etwa 6000 bis 7000 Sterne sehen kann, sind es in Berlin vielleicht gerade mal 10 oder 12. Wie gewaltig der Unterschied zu unseren Städten ist, habe ich 2009 selbst erlebt, als ich mit Schlafsack und Zelt in der Serengeti übernachtete.

In diesem – für uns irrealen – Umfeld wirkt Susanne auf mich wie eine Protagonistin aus einem Hollywood-Schmachtfetz-Monumental-Bibelfilm der frühen 50er-Jahre.

Der Gag der Erbauer hat seine Wirkung – zumindest bei mir – nicht verfehlt. Man kommt wirklich zum Nachdenken – auch wenn man selbst für die Rettung der Welt keine Lösung hat.

An Ende des „Sternenhimmels“ erreichen wir bei Sonnenaufgang schließlich das irdische Paradies – in Form von Satitoa auf Samoa.

Satitoa, Samoa


Samoa war schon immer mein Traum – Südseefeeling, ein einziges Mal erleben. Palmen, türkisblaues Meer, weißer Sandstrand – für mich wirklich das Paradies. Wahrscheinlich mache ich mir aber was vor, wenn ich von der Südsee träume. Und es wird ein Traum bleiben, denn dorthin kommen werde ich wohl nie.

Türkisblaues Meer und weiße Sandstrände und Tropenfische sind das eine, noch faszinierender sind aber die Traditionen und die Kultur der Bewohner Samoas.

Während wir uns in unseren Häusern von der Umwelt abschotten – ich selbst mach den Rollladen oft tagelang nicht hoch – sind die Fale, die typischen Hütten auf Samoa, nach allen Seiten hin offen und somit ganz und gar verbunden mit der Natur. Kein anderes Gebäude passt sich so perfekt an das tropische Klima an, schützt, ist luftig und spendet Kühle.

Auch mit dem Tod gehen die Samoaner ganz anders um als wir. Während wir unsere Toten begraben (und wer will es leugnen – vergessen) lassen sich die Samoaner gerne am Grab ihrer Vorfahren gleich hinterm Haus nieder, um mit ihnen Zwiesprache zu halten. Manche speisen sogar auf dem Grab, um bei der Mahlzeit mit den Ahnen ganz eins zu sein, um so anstehende Probleme zu lösen.

Etwas Ähnliches kenne ich von den Philippinen, wo die Angehörigen an bestimmten Tagen sich auch zum Mahl am Grab eines Verstorbenen versammeln.

Bei uns wäre das undenkbar. Bei unserer Bevölkerungsdichte wäre sofort das Grundwasser verseucht, wenn die Toten überall rumlägen. Auf Samoa ist das kein Problem, da das Trinkwasser ausschließlich aus Regenwasser gewonnen und in Zisternen gesammelt wird.

Auch wenn mir fast die Tränen kommen vor Rührseligkeit, auch auf Samoa ist nicht alles so romantisch verklärt, wie ich mir das weismachen will. Die Insel am anderen Ende der Welt ist in Gefahr. In den vergangenen 40 Jahren ist die Anzahl der tropischen Wirbelstürme, die über die Insel hinwegfegen, dramatisch gestiegen. Der Meeresspiegel steigt und die Erwärmung des Meeres bedroht das Leben auf den Korallenriffen. Sterben diese ab, ist Samoa eventuellen Sturmfluten schutzlos ausgeliefert.

Vor uns liegen wiederum 9.000 km endloses Meer – wir sind im Nördlichen Stillen Ozean. Zusammen mit der Südsee macht der Pazifik, also Nördlicher Stiller Ozean und Südpazifik 13 der gesamten Erdoberfläche aus. Die Zivilisation ist in allen Richtungen Tausende von Kilometern weg, aber genau hier findet man – etwa 1.000 km nördlich von Hawaii – einen 7.000 km² großen Strudel aus Plastikteilen, den Nordpazifik-Wirbel, der u. a. auch unter dem Namen „Great Pacific Garbage Patch“ bekannt ist. Wie kommt das ganze Plastik dorthin?

80% davon stammen vom Festland, der Rest von Schiffen, die ihre Abfälle über Bord werfen.

Vielleicht mag der eine oder andere sagen, „was kümmert mich ein Plastikstrudel auf der anderen Seite des Globus? Das ist doch so weit weg!“ Das dem aber nicht so ist, zeigt folgende Tatsache. Dadurch, dass das Plastik durch Wellen und UV-Licht immer mehr zerkleinert wird und Fische und Kleinstlebewesen das Plastik mit ihrer Nahrung aufnehmen, gelangt es mit all den anlagernden Giftstoffen oder Weichmachern über die Nahrungskette wieder bei uns auf den Tisch. Na dann: Guten Appetit!

Aber nicht nur wir sind gefährdet: Größeres Plastik blockiert die Mägen von Tieren, sodass diese – mit vollem Bauch – elendig verhungern müssen.

Übrigens: Der auf dem Bild rechts dargestellte Müll wurde laut Angaben des Klimahaus´ vom Naturschutzbund Bremen und dem Bund für Umwelt- und Naturschutz am Containerterminal 4 in Bremerhaven gesammelt.

Geschockt von den Zuständen auf dem Nordpazifik erreichen wir unser nächstes Ziel, Gambell in Alaska.

Gambell, Alaska


Vielen mag das, was sie hier vorfinden, nicht gefallen, denn die Menschen, die hier leben, die Eskimos fangen Wale und ernähren sich auch davon. Aber das ist – wenn ich Jan Herrmanns Vortrag gestern richtig interpretiere – für den Bestand der Wal-Arten kein Problem.

Wenn man genauer hinschaut, hat der Klimawandel inzwischen auch diesen ursprünglichen und gottverlassenen Ort erreicht. Haben die Menschen auf Samoa Sorge, dass sie früher oder später im Meer versinken, haben die Eskimos ganz andere Probleme. Das Eis, das früher das Meer bedeckte, schmilzt im Frühjahr wesentlich früher und bildet sich im Herbst erst wesentlich später als noch vor Jahren. Auf diese Weise bleibt den Eskimos 1 Monat pro Jahr weniger zum Jagen als beispielsweise noch vor ein, zwei Generationen.

Jetzt sind wir schon fast rum um den Globus. Von Gambell bis nach Bremerhaven sind es nur noch rund 7.000 km über den Arktischen Ozean. Doch bevor wir in Bremerhaven ankommen, machen wir auf der Hallig Langeneß, 250 km nördlich von Bremerhaven noch ein letztes Mal Station. Ich kenne das von meinen eigenen Reisen. Man will einfach nicht, dass etwas zu Ende geht, man will nicht in den Alltag zurück. Was erwartet einen schon zu Hause? Außerdem ist der Kühlschrank sowieso leer. Häufig war ich nach meinen Reisen deshalb oft noch 20 km vor Zuhause noch irgendwo essen. Ich kann das so gut nachvollziehen, so kurz vor Ende der Reise noch einen Zwischenstopp einzulegen.

Hallig Langeneß, Deutschland


Halligen sind kleine Hügel im Wattenmeer. Bei Ebbe kann man diese locker zu Fuß oder mit einer Lore erreichen, bei Flut nur noch mit dem Boot. Häufig von Sturmfluten bedroht hat man etliche dieser „Hügel“ heute künstlich erhöht, um im Bedarfsfall nach oben flüchten zu können. Bei Sturmflut sind diese künstlich angelegten „Warften“ das einzige, was dann noch aus dem Meer herausguckt.

Aber auch die Halligen und die dort draufgesetzten Warften bieten nicht ewigen Schutz. Der Meeresspiegel steigt. Auch Stürme und Sturmfluten nehmen zu. Der Klimawandel ist also gar nicht so weit weg, wie man vielleicht glaubt – der Klimawandel ist da!

Bremerhaven, Deutschland


Wie ich mich bei der letzten Station wiederentdeckte. Nach der Reise einfach nur den Koffer irgendwo hinwerfen und unter die Dusche. Die Auswertung der Bilder, das Hobby, der Bericht für die Website, das alles kann warten. Die Eindrücke der Reise sind ja unauslöschlich in dir.

Selten hat mich ein „Museum (?)“ derart berührt. Vieles kannte ich von meinen eigenen Reisen. Auch dort war ich immer mit Menschen zusammen, habe deren Kulturen und Bräuche erlebt. Im Klimahaus „menschelt“ es und es wird einem schnell klar, dass Klimawandel nicht das Problem eines 6 Trilliarden Tonnen schweren seelenlosen Klumpens im Weltall ist, sondern dass Klimawandel das Problem von uns allen ist. Ich fürchte nur, dass wir – auch in unserer Überheblichkeit – generell zu klein sind, dieses Problem zu lösen.

Wilhelmshaven – Bootshaus am Stadtpark


Gegen 19:00 Uhr verlassen wir das Klimahaus und fahren, knapp 6 Liter Sprit pro 100 km verbrauchend, 85 km zurück zu unserem Hotel in Bremerhaven. – Doch halt, hatte ich vorher nicht erwähnt, dass ich vor dem Ende einer Reise meist noch einen Zwischenstopp einlege? Diesen Zwischenstopp machen wir erneut 2,5 km nördlich unseres Quartiers auf dem tatsächlichen 8. Längengrad, im Bootshaus am Stadtpark in Wilhelmshaven.

(Hinweis: Das Klimahaus wirbt zwar mit dem 8. Längengrad, tatsächlich liegen alle bereisten Stationen aber weiter östlich, nämlich bei 8° 33′ Ost – Isenthal / 8° 35′ Ost – Seneghe / 9° 2′ Ost – Kanak / 9° 6′ Ost – Ikenge / 8° 34′ Ost – Königin-Maud-Land / (- 8° 38′ Ost = 171° 22′ West – Satitoa / (- 8° 16′ Ost = 171° 44′ West – Gambell / 8° 36′ Ost – Hallig Langeneß / 8° 34′ Ost – Bremerhaven)


< zurück weiter >
3. Wilhelmshavener Schweinswaltgage (2019) – INHALTSVERZEICHNIS
HAUPTGRUPPE BERICHTE

Einen Kommentar schreiben