Homepage / Suche / Gästebuch / Impressum

Züge, Zoos und Zärtlichkeit 7

Samstag, 17. August 2019

Fahrt zum Edersee


Heute konnten wir endlich mal etwas länger schlafen. Zu unserem heutigen Ziel, dem Edersee, sind es gerade mal 50 km. Da können wir´s ruhiger angehen lassen. Wir haben sogar noch genügend Zeit, in Fritzlar, das 30 km von Kassel entfernt direkt am Weg liegt, bei einem Lidl noch unseren Getränkevorrat aufzufrischen. Trotz dieser Einkaufspause kommen wir kurz nach 10 an der Ostseite der Edersee-Staumauer an, wo wir oberhalb des Kraftwerks Hemfurth den ganzen Tag für nur 3,00 € parken können. Okay, bis zum Höhenfeuerwerk um 23.00 Uhr ist´s noch etwas hin, aber den Parkplatz geben wir nun nicht mehr her.

Vom Edersee bzw. der Edertalsperre hatte man schon mal gehört, auch dass er nach dem Forggensee in Bayern der zweitgrößte Stausee Deutschlands sein soll, aber dass dieser nur 50 Straßenkilometer von unserem Hotel in Kassel entfernt liegt, das haben wir erst bei der Vorbereitung dieses Sommerurlaubs erfahren.

Mit der Talsperre wollte man sicherstellen, dass im Lippe-Seitenkanal, im Rhein-Herne-Kanal und im Dortmund-Ems-Kanal die Schifffahrt auch dann ganzjährig aufrechterhalten werden kann, wenn das Wasser mal knapp werden sollte. Besonders geeignet schien für einen solchen Zweck das Eder-Tal, das zwischen Herzhausen und Hemfurth besonders eng ist. Aus diesem Grund baute man hier in den Jahren 1908 bis 1914 eine Staumauer, 48 Meter hoch. Gebaut wurde die Mauer aus Grauwacken, die hier in der Region vorkommen. Grauwacken sind graugrüne Sandsteine mit einem hohen Anteil an Feldspat und Matrix. Die an der Krone 400 Meter lange und 6 Meter breite Mauer (Breite am Fuß 36 Meter) wurde so gebaut, dass sie dem Wasserdruck allein durch ihr Gewicht standhält. Durch die Mauer wird ein 28 km langer See aufgestaut, der, wenn er voll ist, eine Fläche von maximal 12 km² aufweist (das entspricht etwa 1200 Fußballfeldern). Voll ist er dann ca. 42 m tief.

Um den Stausee anzulegen, mussten etwa 900 Bewohner der Dörfer AselBerich und Bringhausen, deren Häuser im Tal der Eder lagen, umgesiedelt werden, dazu noch etliche Bewohner verstreuter Einzelgehöfte.

Die Edertalsperre dient also vorrangig der Wasserversorgung für die Bereiche Oberweser und Mittellandkanal. Ergänzend kommt natürlich hinzu, dass die Unterlieger des Stausees bei kleinerem und mittlerem Hochwasser geschützt sind, dass etwa 20 MW elektrische Energie gewonnen werden (das entspricht etwa 7 bis 10 Windkraftanlagen) und dass hier nun ein großflächiges Freizeitgebiet entstanden ist.

Eines der Freizeitangebote wollen auch wir nutzen, die Fahrt mit einem „Ausflugsdampfer“ auf dem Edersee. Ja, ja, ich weiß, dass der Begriff „Ausflugsdampfer“ falsch ist, weil die Schiffe mit Dieselmotoren angetrieben werden, aber bei unserem Osterurlaub in Berlin, hat mir ein Spree-Schiffer erklärt: „Det is ´n Dampfer.“

Schifffahrt


Die Ausflugsfahrten werden von der Personenschifffahrt Edersee angeboten. Eine zweistündige Rundfahrt (Zustieg ist an verschiedenen Stellen möglich) kostet 12 €. Und wie schon so oft in diesem Urlaub haben wir wieder mächtig Dusel: Wir kommen gerade am Edersee an und 10 Minuten später fährt auch schon das Schiff ab. Ich bin überwältigt wegen der Größe des „Ausflugsdampfers“. Die Edersee-Star ist ein schönes 3-stöckiges Schiff, das 2001 bei der LUX-Werft in Niederkassel-Mondorf gebaut wurde. Es ist 48 m lang, 8 m breit und hat Platz für 700 Passagiere. Angetrieben wird sie von zwei 225 kW-MAN-Dieselmotoren.

Es geht ein mächtiger Wind und am Himmel wechseln sich Wolken und Sonne ab. Nach einer Viertelstunde sehen wir hoch über uns das Schloss Waldeck, in dem heute ein Hotel ist. Dort kann man, wenn man das nötige Kleingeld hat, ab 205€ pro Nacht residieren. Ich zieh da lieber das IBIS vor.

Gegenüber am See liegt die Hammerbergspitze, die wir soeben umrunden. Weiter geht die Fahrt Richtung Westen.

Es ist ein großes Mäandern, sodass wir ständig irgendwas umrunden. Jetzt grad die Halbinsel Scheid. Danach ist Ende. Um weiterzufahren ist der Wasserstand derzeit zu niedrig. Wir wenden irgendwo in der Nähe der Kahlen Haardt und fahren wieder zurück.

Auf dem Rückweg geht´s dann noch mal am Strandbad Edersee vorbei, am Schloss Waldeck und an der Staumauer, bis wir dann nach genau 2 Stunden wieder dort ankommen, wo wir um 10:30 Uhr abgefahren sind.

Essen im Großen Hecht


12:30 Uhr. Es bietet sich an, dass wir jetzt Mittagessen. Dafür habe ich mir bereits im Vorfeld im Internet das Restaurant – Café „Zum großen Hecht“ ausgesucht. Ursprünglich, also vor 100 oder 110 Jahren, hat hier ein Mann namens Dietrich Storm eine Kantine für die Bauarbeiter der Edersee-Sperrmauer eingerichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg übergab er das Lokal an seinen Sohn Fritz Bott, der daraus eine Anlaufstelle für Touristen machte. Nachdem Bott als passionierter Angler 1953 einen großen Hecht (150 cm lang, 19 kg schwer) aus dem See fing, war der Name des Lokals nur noch Formsache – „Zum großen Hecht“. Als Beweis für Botts Anglerglück sind im Lokal ein altes, schon leicht vergilbtes Foto und der präparierte Kopf des damals gefangenen Hechts aufgehängt.

Die Preise im „Großen Hecht“ sind leicht über Normalmaß, aber die ausgezeichnete Qualität und der fantastische Blick auf See und Staumauer machen das wieder wett.

Auf der anderen Seite des Sees gibt es einen Wildtierpark. Er hat von 9:00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet und kostet 6 € Eintritt. Würden wir mit dem Auto fahren, müsste man 5 km fahren. Zu Fuß über die Staumauer aber, so die Bedienung im „Großen Hecht“ – seien es nur 1,9 km. Klar, dass wir uns für den Fußweg entscheiden, denn so einen Parkplatz, wie wir ihn jetzt haben, gibt´s heute Abend wegen des seit gestern stattfindenden Mauer-Power-Events sicher nicht mehr. Es ist jetzt 14:20 Uhr. Zur Greifvogel-Vorführung der Greifenwarte, die um 15:00 Uhr stattfindet (es gibt diese täglich, außer montags um 11:00 und 15.00 Uhr), müsste es also noch reichen.

Staumauer


Wir gehen also rüber über die Staumauer und dann Richtung Wildtierpark. Unterwegs blicken wir noch mal kurz zurück zum „Großen Hecht“ und runter zur Brücke, die zur Kraftwerks-Insel in der Eder führt.

Gegenüber bei der Edersee-Personenschifffahrt ist nun mächtig was los. Mann, hatten wir heute Vormittag Glück. In so einer Schlange, wie sie jetzt bei der Edersee-Star ansteht, möchte ich nicht stehen.

Wildtierpark


Das mit den 25 Minuten bis zum Wildtierpark war wohl ein Wunschdenken. Wir haben fast 40 Minuten gebraucht. Aber es geht ja auch mächtig hoch. Um 14:50 Uhr kommen wir an, das passt schon. Dann aber lassen wir uns von einer Bildwand im Eingangsbereich des Wildtierparks aufhalten, auf der mit etlichen Jungtieren geworben wird und mit „Wildtieren zum Anfassen“, Wölfen, Luchsen, Wisents, Rot-, Dam- und Muffelwild. So wird es dann doch etwas knapp, denn bis zur „Greifvogel-Wiese“ sind es auch noch mal 400 m, und das wiederum bergauf. 

Greifvogelwarte Edersee


Wüstenbussard 


Als wir um 15:03 Uhr an der „Greifvogel-Wiese“ ankommen, hat die Vorführung der Greifenwarte Edersee bereits begonnen. Dabei ist eines zu erwähnen: Die Greifenwarte ist zwar auf dem Gelände des Wildparks angesiedelt, hat aber ansonsten mit dem Wildpark nichts zu tun.

Die Moderation der Vorführung macht eine junge Frau – und die macht das richtig klasse. Sie erzählt so locker über die Greifvögel – fast beiläufig – dass man zu keiner Zeit den Eindruck hat, hier irgendwie geschulmeistert zu werden. Trotzdem lernt man ´ne ganze Menge.

Als Erstes sehen wir einen Wüstenbussard. Diesen kann man auch als Laie sehr gut erkennen, vor allem an seinem auffallend weißen Gefieder an der Schwanz-Unterseite und seinem im Ansatz gelben Schnabel, der bis zur Spitze hin zunächst hell- und dann dunkelgrau ist. 

Wüstenbussarde (auch Harris’s Hawks) sind mittelgroße Greifvögel mit einem Gewicht so um knapp 1 kg. Das Gewicht ist so gering, dass bei der Greifvogelschau auch ein etwa 10-jähriger Junge den Vogel von seiner Faust aus starten und landen lassen darf. Ein Ereignis, das er sicher nicht vergisst.

Wüstenbussarde fliegen vergleichsweise langsam, sodass ich den Vogel mit einer Verschlusszeit von 1/2000 s gut erwischen kann.

Blaubussard


Der Blaubussard (auch Aguja) ist noch langsamer. Auch den kann man gut fotografieren, wenn´s im Wald nur nicht so dunkel wäre und wenn, ja wenn nicht ständig Leute auf dessen „Reiseflughöhe“ laufen würden. Der Blaubussard ist der größte und der am kräftigsten gebaute Bussard. Sein Gefieder ist auf der Oberseite bläulich bis schieferfarben. Von der Unterseite her habe ich ihn nicht gesehen, weil er – wie schon gesagt – sehr, sehr tief fliegt. Wenn ich die Falknerin richtig verstanden habe, braucht der Vogel zum Fliegen dringend Thermik. Vielleicht gibt´s keine im Wald.

Nachdem ich den Vogel leidlich fotografiert habe, ist er nun über den Edersee hinausgeflogen und hat dort lange nach Thermik gesucht, bis er sich dann, weit, weit weg in die Höhe schrauben konnte. So richtig gut sieht´s mit Thermik-Bereichen heut offenbar nicht aus. Wenn der Vogel Pech hat und keinen Aufwind mehr findet, muss er – so die Falknerin – die 100 Höhenmeter vom See hoch bis zur Greifenwarte zur Not zu Fuß bewältigen. Die Falknerin scheint das aber zu kennen und hat den Blaubussard einfach sich selbst überlassen. Ihr Interesse gilt nun den Falken.

Wanderfalken, Luggerfalken


6 Falken schwirren plötzlich um uns herum, so schnell und wendig, dass ich nicht mehr weiß, wohin ich zuerst sehen soll. Dass eine ganze Gruppe Greifvögel gleichzeitig in der Luft ist, habe ich bisher noch bei keiner Greifvogelvorführung gesehen. Das scheint mir einzigartig zu sein. Ich versuche zwar, die Tiere nun mit 1/4000s zu erwischen (eine kürzere Verschlusszeit hat meine Kamera nicht) aber keine Chance. Die Vögel sind so schnell, dass der Autofokus da niemals mitkommt.

Schwarz-, Schmarotzer- und Rotmilan


Dann sind die Milane dran. Über Schwarzmilane erfahren wir, dass sie offenbar „ganz miese Gesellen“ sein sollen. Sobald sie einen anderen Greifvogel mit Beute sehen, würden sie sich schreiend auf ihn stürzen, ihm die Beute abjagen und noch im Flug verzehren.

Die Falknerin nennt – wenn ich sie richtig verstanden habe – Schwarzmilane deshalb auch Schmarotzermilane. Andere Quellen (ich recherchiere nach den Reisen ja immer im Internet) sagen aber, dass Schwarz- und Schmarotzermilane ganz was anderes seien. Schmarotzermilane würden nämlich in Afrika leben und eine ganz andere Art darstellen. Außerdem würden sie sich erheblich vom Schwarzmilan unterscheiden, beispielsweise durch einen gelben Schnabel, einen braunen Kopf und einen tief gegabelten Schwanz. Ich möchte der Falknerin aber in keinem Fall widersprechen, vielleicht habe ich sie ja auch einfach nur falsch verstanden.

Ich muss leider zugeben, dass ich das mit den Greifvögeln ohnehin nicht alles raffen kann. Wenn es so ins Detail geht, muss ich kapitulieren, dann sind´s für mich einfach „Adler“. Nichtsdestotrotz freue ich mich an dem majestätischen Aussehen aller Greifvögel in dieser Vorführung, seien es jetzt Falken, Bussarde, Adler oder was auch immer. Ich kann jetzt schon sagen, dass die von Jana T. moderierte Vorführung wirklich einmalig ist.

Schleiereule


Dann kommt etwas völlig anderes – eine Schleiereule. Die Schleiereule ist eine sehr kleine Eule. Sie wiegt gerade mal so viel wie ein Päckchen Kaffee. Erkennen kann man sie vor allem an ihrem hellen, herzförmigen Gesicht und den vergleichsweise kleinen, schwarzen Augen. Ihr Gesicht ist so ausgebildet, dass sich darin der Schall bündelt und somit präzise zum Ohr weitergeleitet wird. Auf diese Weise kann die Schleiereule auch noch bei stockfinsterer Nacht ihre Beute hören.

Ein weiteres Plus der Schleiereule ist ihr weiches, mit Flaum gepolstertes Gefieder und die Verzahnungen an den äußeren Federn. Alles zusammen reduziert die Fluggeräusche so sehr, dass ein Beutetier praktisch schon tot ist, bevor es vom Anflug der Eule überhaupt irgendwas bemerkt hätte.

Gänsegeier


Im Gegensatz zur Schleiereule ist der Gänsegeier riesig. Vergleicht man die Spannweiten, liegt das Verhältnis bei 1 zu 3, beim Gewicht liegt das Verhältnis gar bei 1 zu 20. Das ist gerade so, wie wenn man mich mit einem Breitmaulnashorn vergleichen würde. Auch gegenüber den Bussarden ist der Gänsegeier riesig. Verglichen mit deren Spannweiten ist die des Gänsegeiers 1½- bis 2-mal so groß.

Wegen seines komplett mit weißen Flaumfedern bedeckten Kopfs nennt man Gänsegeier mitunter auch „Weißkopfgeier“, somit ist er auch für mich als Vogel-Laie gut zu erkennen. Dazu kommt der „abgeknickte“ Hals und der sich beim Flug weit unterm Körper befindliche Kopf. Auch die rechteckigen, an den Enden stark gefingerten Flügel sind für mich ein typisches Erkennungsmerkmal.

Im Tiefflug fliegen die Gänsegeier nun nur wenige Zentimeter über die Köpfe der Zuschauer hinweg. „Ducken! Ducken Sie sich! Augen zu machen hilft nichts“, ruft die Falknerin. Ich denke aber, dass das alles ein bisschen Show ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Vorführung in dieser Weise weitergeführt werden dürfte, wenn jemals während einer Flugvorführung ein Zuschauer von einem Geier verletzt worden wäre. Was hätte der Geier auch davon, schließlich frisst er nur Aas.

Eine ganz besondere Attraktion der Greifvogelwarte – möglicherweise sogar einzigartig auf der Welt – ist ein wildlebender Geier. Ein aufgestapelter Steinhaufen (ohne Gitter drum herum) ist sein Zuhause. Er hat sich einfach hier niedergelassen, bleibt und macht bei der Show mit – oder aber er geht. Derzeit bleibt er.

Zusammenfassung zur Greifvogelwarte Edersee


Einige Dinge in der Greifenwarte Edersee sind mir besonders aufgefallen. Dinge, welche sie von allen anderen Greifvogelstationen- und ich habe schon einige Greifvogelstationen besucht – massiv unterscheiden:

  • Noch nie habe ich unterschiedliche Greifvögel (ich schätze, es waren an die 8 oder 10 Individuen!) gleichzeitig in der Luft gesehen.
  • Noch nie war unter den „Akteuren“ ein freilebender Vogel (hier ein Gänsegeier), der nach Gutdünken entweder frei über dem Edersee schwebt oder aber – wenn ihm danach ist – zur Greifenwarte zurückkommt und die dort lebenden Artgenossen besucht.
  • Noch nie durfte ich (und nicht nur ich, sondern jeder, der sich traute) in einer Greifvogelstation einen Vogel (hier einen Uhu) streicheln. Das weiche Gefieder vergisst man nie.

Allein diese 3 Aspekte machen die Greifenwarte Edersee einzigartig.

Nach der Greifvogelvorführung am Felsen haben wir weiter drin im Wald noch Gelegenheit, einen „Schreihals“ zu besuchen, das erst wenige Wochen alte Schneeeulen-Küken „Pünktchen“.

Wildpark


Nachdem wir nun Greifvögel in allen Variationen gesehen haben, erkunden wir den Wildpark. Aber von den angekündigten Alpensteinböcken, Luchsen, Timberwölfen oder Europäischen Wölfen mit ihren Jungtieren, Rothirschen, Mufflons und Waschbären sehen wir leider nichts, absolut nichts. Das ist schon etwas ernüchternd. In dem Zusammenhang erscheint mir die „Gerüchteküche“, ein am 9. Oktober 2013 eröffnetes Haus, in dem „die bei uns heimischen Tiere im Märchen“ dargestellt werden, sehr passend.

Erst beim Gehege der Tarpane sehen wir im Wildtierpark erstmals Tiere. Die Greifenwarte gehört – wie gesagt – nicht zum Wildtierpark.

Tarpan


Die europäischen Ur-Wildpferde lebten einst in den Wald- und Steppengebieten vor allem in Südrussland. Daher auch der Name тарпан (Tarpan). Anfang des 19. Jahrhunderts starben die Pferde aus. Doch wie kam es dazu? Ende des 18. Jahrhunderts gab es in einem Tierpark bei Zamość (Polen) noch die letzten reinrassigen Tarpane. Sie gehörten einem russischen Fürsten namens Zamojski. Eigentlich wollte er die Tarpane „auf Teufel komm raus“ behalten, aber ein strenger Winter brachte ihn an den Rand des Bankrotts. In der Folge musste er alle Pferde an seine Bauern abgeben. Für die Feldarbeit aber waren die Pferde zu klein und zu schmächtig. Die Bauern kreuzten sie daher mit anderen, kräftigeren Rassen. Das war dann das Ende der reinrassigen Tarpane.

Die heute bekannten Tarpane sind allesamt Rückzüchtungen, d. h. man versucht, durch die Kreuzung anderer, verwandter Rassen, wieder an die Ursprungsform heranzukommen. Wie der Tarpan ursprünglich aber wirklich aussah, darüber gehen die Meinungen sehr weit auseinander.

Wisent


Die zweite Tierart, die wir im Wildtierpark Edersee erleben dürfen, sind Wisente. Manche nennen den Wisent auch Europäischen Bison. Auch die Europäischen Bisons wurden ausgerottet. Ein bisschen später zwar als der Tarpan, aber doch ausgerottet. Alle heute noch lebenden Wisente stammen laut einem Eintrag in Wikipedia allesamt von 12 Tieren ab, die in Zoos und Tiergehegen gehalten wurden.

Zu unserer Freude hat der Wildtierpark Edersee auch heuer wieder ein Jungtier.

Wildkatze und Fischotter


Von Wildkatzen hat man schon mal gehört. Man weiß auch, dass es in Deutschland freilebende Wildkatzen gibt. Die meisten von uns werden aber niemals eine zu Gesicht bekommen. Zu vorsichtig sind die Tiere, zu zurückgezogen, zu getarnt und versteckt. Ich selbst hatte ein einziges Mal das Glück, eine freilebende Wildkatze zu sehen, allerdings eine Afrikanische Wildkatze. Das war 2009 an der kenianisch-tansanischen Grenze in Höhe des Klein´s Gates in der Serengeti.

Auch Wildkatzen wurden vom Menschen nahezu ausgerottet. Seit etwa 100 Jahren stehen sie daher unter strengem Schutz, was ihnen aber wenig bringt, wenn Straßen ihre Routen kreuzen und somit ein Austausch der Gene unter verschiedenen Gruppen nur sehr schwer möglich ist.

Fischotter gehören zu den vorwiegend im Wasser lebenden Mardern. Mit mehr als 1000 Haaren pro mm² besitzen Fischotter das dichteste Fell im ganzen Tierreich (wir Menschen bringen es, wenn der Kopf noch voll behaart sind, auf gerade mal 2 Haare pro mm²). Mit diesem dichten Fell also können Fischotter auch dann noch eine isolierende Luftschicht am Körper halten, wenn sie extrem lange im Wasser sind. Zum Tauchen können sie Ohren und Nase verschließen und so bis zu 8 Minuten unter Wasser bleiben. Lästig für Fotografen, erst mal wegen der verdammt langen Wartezeit, zum Zweiten, weil man nie weiß, wo der Otter unter den Wasserlinsen dann irgendwann mal wieder auftaucht. 

Buchen-Museum


Zuletzt besuchen wird das BuchenHaus. Im BuchenHaus will der Nationalpark Kellerwald-Edersee über den einzigen Buchen-Urwald in Deutschland informieren. Es hat es sich nach Aussage auf deren Homepage zur Aufgabe gemacht, über die dynamischen Naturprozesse zu informieren. Zitat: „Die Besucher werden angeregt, zu fragen, selbständig nach Antworten zu suchen, einen eigenen Zugang zu Buchenwald und Wildnis zu finden.“

Das gelingt meiner Meinung nach aber nicht durch Computerspiele. Sicher ist es interessant, im ersten Teil eines Spiels z. B. zu sehen, wo ein Eichhörnchen Bucheckern versteckt, die man dann im zweiten Teil des Spiels finden muss. Ich aber würde den Menschen die Natur viel lieber draußen zeigen wollen. An Bildschirmen sitzen die Kinder meiner Meinung nach eh schon viel zu viel. Ich denke, diese digitale Form der Wissensvermittlung ist der falsche Weg. Ich selbst habe die Natur noch live erfahren, habe die Tiere und Pflanzen noch begriffen. Ich weiß sehr gut, wie Feuersalamander ätzen und wie Nutrias beißen, wenn sie im Spiel Trapper und Indianer den „Biber“ spielen müssen. Ich weiß, was man alles bei Fischen herausnehmen sollte, bevor man sie über dem Lagerfeuer brät und ich weiß, dass wenn ein Pilzgericht den Magen augenblicklich entgegen der Schwerkraft verlässt, dass Gallenröhrlinge dann eben doch kein richtiger Steinpilz-Ersatz sind. Solche Erfahrungen kann ein Computerspiel niemals vermitteln.

Zusammenfassung


Vier Tierarten haben wir also im Wildtierpark Edersee gesehen. Vier von 15, denn auch in den Gehegen von Fuchs, Dachs, Gartenschläfer und Eichhörnchen sahen wir nichts. Das ist – ja, ich weiß, es sind Wildtiere, die wir besuchen – dann aber doch schon etwas enttäuschend, zumal die Ankündigungen im Eingangsbereich mehr erwarten ließen.

Wäre die Greifvogelwarte nicht gewesen, hätte sich der Besuch des Wildparks Edersee – aus meiner Sicht – nicht gelohnt. Nicht nur wegen der nicht beobachtbaren Tiere, sondern auch wegen der „Pädagogik“ im BuchenHaus, die als Ergänzung zwar gut sein mag, ansonsten aber – zumindest aus meiner Sicht – am Bildungsauftrag vorbeigeht.

Wieder runter zum Staudamm


Gegen 18:00 Uhr, der Wildpark macht eh gleich zu, gehen wir wieder runter zum Staudamm, nicht ohne unterwegs die Natur in der Form zu erleben, wie wir es vor 60 Jahren als Kind gelernt haben. Die frischen Brombeeren sind lecker und ein Zug, wie am Mittwoch bei Drei Annen Hohne wird hier wohl nicht kommen. Mann, bin ich da erschrocken, wir waren beim Brombeeren-Fotografieren ja nur wenige Meter vom Gleis entfernt.

Mauer-Power-Fest


Seit gestern – bis morgen noch – ist Mauer-Power-Fest. Gegen 20:00 Uhr soll hier die Band „Sound of Music“ Hits der 70er, Ohrwürmer der 80er, die Lieblingsstücke der 90er und aktuelle Chartbreaker spielen. Gegen 23:00 Uhr soll dann ein Höhenfeuerwerk der vormitternächtliche Höhepunkt sein. Auf beides freue ich mich schon riesig.

Die Zeit bis zum Abend will und will aber einfach nicht vergehen. 8 Stunden sind wir nun schon da und bis zum Feuerwerk sind es nochmal 5 Stunden. Heute Nachmittag, als wir in der Greifenwarte waren, hat hier die Stadtkapelle Frankenberg gespielt, aber jetzt ist musikmäßig irgendwie „tote Hose“, obwohl die Biertischgarnituren am Festplatz rappelvoll sind und man nirgendwo mehr sitzen kann. Da wir heute – und die ganze Woche schon – so viel auf den Beinen waren, wollen wir einfach nicht mehr rumstehen. Wir müssen uns irgendwo hinsetzen. Als Alternative bietet sich das Restaurant Kaiserbuche an. Dort kann man nicht nur sitzen, sondern auch super essen.

Eine Stunde haben wir auf diese Weise in der Kaiserbuche rumgebracht. Das war schon entspannend. Aber was sollen wir jetzt tun? Vielleicht nochmal über die Staumauer. Da das Wetter auch nicht so rosig aussieht, ist es bestimmt keine schlechte Idee, wenn wir aus dem Auto unsere Schirme holen.

Bis jetzt hat Petrus seine Schleusen ja noch nicht geöffnet, aber die Wolken ziehen mehr und mehr zu. Die Gänse fliegen südwärts und auf der Seeseite der Staumauer bereiten eifrige Hände auf einem Boot das Feuerwerk vor.

Inzwischen ist es kurz vor acht. Der Festplatz ist noch gerammelter voll als vorhin. An den Ständen stehen die Schlangen jetzt schon in Zweierreihen. Sound of Music probt noch – oder ist das gar schon die Performance? Jedenfalls bin ich schwer enttäuscht. Was die Sänger von sich geben, hat – vorsichtig ausgedrückt -noch Luft nach oben. Manche Lieder sind von Sänger Lars Walter und Sängerin Eva Sasse in einer Weise arrangiert, dass ich sie kaum mehr wiedererkannte. Selten, dass ein Ton getroffen wurde – schade eigentlich. Erst zu Hause habe ich durch einen Artikel der Waldeckischen Landeszeitung erfahren, dass die am Abend dargebotenen Lieder u. a. von Pink Floyd, Tina Turner und Max Giesinger gewesen sein sollen.

Auf dem Festivalgelände gibt es keinen einzigen freien Platz. Aus diesem Grund haben wir uns etwas oberhalb des Geschehens am Hang Richtung Wildtierpark auf einem „Rentnerbänkle“ niedergelassen. Dort sitzen wir wie einst Forrest Gump. Immer mal wieder kommen andere Gäste dazu, lauschen ein Weilchen mit und gehen dann wieder ihres Wegs. Länger als eine Viertelstunde war niemand da. Nun ja – wenn ein Programm im Fernsehen nicht gefällt, schaltet man ja auch um. Wir aber sitzen schon über eine Stunde, als Sängerin Eva ein Lied von Sara Connor probiert – und das ausnahmsweise mal gar nicht mal so schlecht. Noch zwei Stunden bis zum Feuerwerk.

Es fängt an zu nieseln. Auch nicht gerade toll, auch dann nicht, wenn wir inzwischen Schirme dabeihaben. Doch dann hat Susanne plötzlich eine Super-Idee: „Guck dir mal das Gedränge dort unten an. Was glaubst Du, was los ist, wenn nachher das Feuerwerk vorbei ist? Dann wälzen sich alle gleichzeitig über die Staumauer. Das dauert dann ewig, bis wir beim Auto sind. Und last but not least, von hier aus sieht man vom Feuerwerk eh nichts.“ Manchmal bewunder ich meine Frau. Wahrscheinlich hat man von der Ostseite, also von dort wo der „Große Hecht“ ist, und wo keine Bäume sind ohnehin eine viel bessere Sicht.

Beleuchtung der Staumauer


Mann, sieht das klasse aus! Hätte Susanne die Idee nicht gehabt, hätten wir die von Süden her beleuchtete Staumauer nie gesehen. Die Mauer leuchtet in allen erdenklichen Farben: Rot, grün, blau, violett. Wenn wir jetzt noch 10 Meter Richtung Süden gehen, dann müssten wir nachher die beleuchtete Staumauer mitsamt dem Feuerwerk auf dem Bild draufhaben. Ich denke, wir haben den idealen Platz gefunden.

Nicht so etliche Autofahrer. Trotz Halteverbots ist der Seitenstreifen der L 3086, das ist die Straße hinter uns, komplett zugeparkt. Zum Glück sind wir schon heute Vormittag gekommen und haben einen regulären Parkplatz ergattert. Ich könnt mich schon wieder aufregen, denn für den Rettungswagen (bei Festivals passiert wohl immer was), der mit Blaulicht und Tatü-Tata ankommt, gibt es wegen der Falschparker fast kein Durchkommen. Dazu kommt noch mindestens ein Betrunkener, der über die Straße torkelt. Muss man bei solchen Veranstaltungen eigentlich immer über die Stränge schlagen?

Okay, Betrunkene wird man wohl nie vermeiden können, aber bezüglich der Parksituation muss sich der Veranstalter aus meiner Sicht dringend was einfallen lassen. Halb zehn. Bis zum Feuerwerk sind es immer noch 1½ Stunden. Da stehst du dir die Beine in den Bauch und so besonders schnuckelig ist es im Nieselregen und zwischen Betrunkenen dann auch nicht.

Nochmal im „Großen Hecht“


Warum soll das, was vorhin im Restaurant Kaiserbuche taugte, nicht auch hier taugen? Der „Große Hecht“ ist nicht weit weg und im „Großen Hecht“ ist´s trocken und man kann dort auch auf die Toilette gehen. Ich weiß gar nicht, wie viele Fliegen wir da gleichzeitig mit einer Klappe schlagen – also hin!

Wir bestellen uns Hühnersuppe, die so richtig durchwärmt. Bei dem Nieselwetter das einzig Wahre. Das mit der prognostizierten Stunde hat auch gut hingehauen und um 22:40 Uhr kommen wir dann wieder raus. Unser vorher ausgesuchtes Fotografier-Plätzchen ist noch frei.

Feuerwerk


Es dauert nicht lange, dann ist es soweit. Mit einem Kanonenschlag wird der Beginn des Höhenfeuerwerks überm Edersee angekündigt. Und dass wir jetzt auf der Ostseite der Mauer sind, ist wirklich ein großes Glück. Der Staudamm ist proppenvoll. Ich möchte nicht wissen, wie dicht die Menschen drüben stehen. Hier auf der Ostseite kann man wenigstens etwas atmen. Betrunkene sehe ich jetzt grad auch nicht mehr – aber vielleicht ist deren Zeit für ein Schläfchen ja inzwischen schon gekommen.

Wir genießen das Feuerwerk und ich wundere mich, dass man mit 0,6 s / Bl.11 (ohne Stativ!) überhaupt Bilder hinbekommt.

Heimfahrt


Mann, bin ich froh, dass wir 2 Minuten nach dem Feuerwerk bereits im Auto sind, denn schon beginnt auch der Run auf die anderen Autos an der L 3086. die müssen aber alle noch wenden. Es ist der reine Wahnsinn! Bis runter nach Edertal, das sind immerhin 4 km (!) ist die linke Straßenseite zugeparkt. Vor mir und hinter mir jetzt Autos. Eine Riesenkolonne wälzt sich nach Süden. Endlich Edertal, hier im Ort müsste sich die Kolonne langsam auflösen. Doch zu früh gefreut. In Höhe der Kirche kommen dann auch noch all jene Autos hinzu, die auf der Westseite des Edersees in Hemfurth geparkt haben.

Es ist eine wüste Fahrerei, nachts in der Kolonne, es regnet leicht und alles spiegelt, auch auf der B 235 noch. Endlich, nach 20 Minuten erreichen wir die Autobahn (A 49) und weitere 20 Minuten später sind wir „zu Hause“ im Hotel. Es war erneut ein sehr, sehr voller Tag.


< zurück weiter >
Züge, Zoos und Zärtlichkeit – INHALTSVERZEICHNIS
HAUPTGRUPPE BERICHTE

Einen Kommentar schreiben