Dienstag, 29.5.2012 – morgens
Morgens im Villagio dei Fiori
Obwohl ich erst nach Mitternacht ins Bett gekommen bin, bin ich um 7:00 Uhr schon wieder hellwach. Mal sehen, wo ich hier überhaupt gelandet bin.
Nachdem ich mein Häuschen von innen und außen inspiziert habe, schlender´ ich frühmorgens, als noch alle schlafen durch die Anlage. Das Villagio dei Fiori ist ein super-klasse Feriendorf. Alle Straßen haben nette Namen, sodass man sich ganz leicht zurechtfinden kann. In der Via della Lavanda stehen die Häuser 201 bis 211, in der Via Camelie, in der ich wohne, die Häuser 301 bis 309 usw., usw. Jetzt komme ich an einem Sanitärhäuschen vorbei, dann kommen die Via Hortensie mit den Häusern 401 bis 412, die Via die Tulipani von 501 bis 507 und linkerhand ein großer Pool.
Es wäre müßig, jetzt die ganzen weiteren Straßen aufzuzählen. Neben den Häusern, gibt es etliche Stellplätze für Zelte und Wohnmobile. Es ist also völlig egal, wie man anreist, nur mit Koffer, so wie ich, mit dem Auto, mit dem Camper oder mit Fahrrad und Zelt. Das Villagio dei Fiore hat Angebote für jeden Camper-Typ und jeden Anspruch.
Obwohl noch lange nicht Hauptsaison ist, stehen bereits viele deutsche Autos da. Aus Reutlingen seh ich welche, aus Ulm, aus München usw., usw.
Die Natur ist längst erwacht und die Vögel zwitschern, aber die Urlauber sind wohl noch alle in der „Falle“. Lediglich in der Anmeldung wuseln schon ein paar Angestellte rum. Ich geh mal rein auf ´nen kleinen Small-Talk. Theresa spricht zu meinem Erstaunen ebenfalls ausgesprochen gut deutsch. (Ich seh schon, Villagio dei Fiori scheint wohl für deutsche Camper, wohl die Adresse schlechthin zu sein – auf gehobenem Niveau. Das zahlt sich aber auch aus. Aus meiner Sicht ist das Villagio dei Fiori wirklich ein Edel-Campingplatz.) Ach ja, ich frag Theresa, wo sie denn herkomme, dass sie dermaßen gut deutsch spricht. Sie lächelt nur meint nur „Aus Äthiopien.“ Da hätte ich ja auch von alleine drauf kommen können :o).
Wal-Werbung
Inzwischen ist es 8:00 Uhr geworden und das Restaurant in der Viale dei Pini hat zum Frühstücken geöffnet. Hier gibt´s von 12:00 bis 14:00 Uhr auch Mittagstisch und von 19:00 Uhr bis 21:30 Uhr Abendessen. Die Preise sind sehr zivil. Die Pizzen kosten zwischen 6 und 9 €, Nachtische 4 €, Fischgerichte 14 €. Das finde ich für einen Edel-Campingplatz voll okay. Im Restaurant kann man, wenn man lieber in seinem Häuschen, seinem Wohnmobil oder Zelt frühstücken möchte, auch frische Brötchen, Croisants, Milch usw. kaufen und mitnehmen. Und bei eben einem solchen Einkauf treff´ ich dann auf Steffi aus Karlsruhe. Tja uns Süddeutschen liegt das frühe Aufstehen einfach im Blut. Ihr muss ich dann auch gleich mitteilen, dass ich heute nach Sanremo zum Whalewatchen gehen werde und ob sie mitgehe. „Wale im Mittelmeer?“ ist ihre Frage und diese Frage habe ich bestimmt schon tausendmal gehört.
Die Leute glauben nicht, dass es in Italien tatsächlich Wale gibt, dabei gibt es hier vor Sanremo die zweitgrößten Tiere, die derzeit auf der Welt leben: Finnwale. Neben Finnwalen gibt es noch 3 andere Walarten (Pottwale, Cuvier-Schnabelwale. Langflossen-Grindwale) und natürlich Delfine (Gemeine Delfine, Rundkopfdelfine, Streifendelfine und Große Tümmler). Ich ernte aber, wie immer, nur ungläubiges Kopfschütteln. Die meisten Menschen verbinden Wal- oder Delfinbeobachtungen nämlich immer gleich mit riesigen Reisen nach Hawaii oder Neuseeland. Nein, Whalewatching geht auch im Mittelmeer. Allerdings mag ich persönlich die Zodiac-Wal-und-Delfin-Verfolgungs-Touren nicht, wie sie beispielsweise vor Gibraltar angeboten werden. Die rasen dermaßen über´s Wasser, dass Bandscheibengeschädigte und Schwangere vor der Teilnahme sogar gewarnt werden. Das kann doch wohl nicht Sinn der Sache sein. Sind das Tierfreunde oder nur rücksichtslose Geschäftemacher? Nun denn, ich jedenfalls werde Zodiac-Wal-und-Delfin-Verfolgungs-Touren nicht unterstützen. In Sanremo bzw. Imperia kann man das eh nicht. Hier fährt in der Saison einmal am Tag ein einziges, allerdings größeres Boot zur Wal- und Delfin-Beobachtung hinaus. Das dauert dann eben auch den ganzen Nachmittag. Für viele Muss-alles-haben-Touristen schon wieder zulange. Und dann sieht man auf der Fahrt die Delfine oder Wale maximal ´ne halbe Stunde. Dann nämlich wendet sich das Boot zum Schutz der Tiere ab und sucht neue Schulen oder neue Individuen. Eine halbe Stunde, einmal am Tag, das dürfte die Delfine oder Wale kaum stören. Andererseits frag ich mich, ob ein Whalewachching-Unternehmen bei nur einer einzigen Ausfahrt täglich auf Dauer überleben kann
Frühstück im Restaurant
Steffi geht mit ihren Brötchen „Nach Hause“, ich geh zum Frühstücken ins Restaurant und bin um diese Zeit der einzige Gast. „American Coffee, Signore?“, spricht eine Stimme an und völlig überrascht stammle ich nur „Si!“. Ein „Danke“ oder sonst irgendwas anderes hab ich total verschluckt. Da ich alleine bin, ist´s kein Problem, sich auch noch ein wenig umzuschauen. Da seh´ ich, dass es im Restaurant auch nen Internet-Point mit 2 Computern gibt. 1 Stunde kostet 2 €, 6 Stunden 10 € usw. Man bezahlt einen Betrag, bekommt eine Codenummer und kann sich dann, entsprechend des bezahlten Betrags, bis zu 60 Tage lang einloggen.
Der Kaffee kommt, dazu eine italien-typisches gefülltes Croisant. Das weckt die Lebensgeister. Jetzt, wo ich mich drauf einstellen kann, kommt ich mit Entienne, so heißt der Kellner, auch ins Gespräch. U.a. berichtet er, dass Silvia immer wieder versuche, ihm Deutsch beizubringen, das sei aber für ihn viel zu kompliziert. Dabei öffnet ein bisschen Sprachkenntnis alle Türen. Ich hab`s in Afrika gemerkt. Damals hatte ich mir mit sehr viel Mühe ein paar Brocken Kisuaheli beigebracht. Denn wenn einem etwas wirklich wichtig ist, dann muss man da durch. Das Überlebenswort für mich und der Türöffner schlechthin war damals „Tafadhali niletee bia baridi“ (Bitte bringen Sie mir ein kaltes Bier). Fortan war ich für die Jungs dort nur noch „Mr. Bia Baridi“ und das Eis war gebrochen. Entienne will sich´s überlegen. Viele seiner Kollegen, erzählt er, hätten regelmäßig Deutschunterricht bei Silvia. Das komme bei den Touristen (vornehmlich Deutsche) super gut an. „Na siehste!“
Nach dem Frühstück hol meine Sachen (ganz wichtig sind die Kameras!), geh´ich nochmal kurz bei Steffi vorbei und frag, ob sie und ihre Familie nicht doch mitkommen wolle. Doch denen ist das heute ein bisschen zu plötzlich. Sie haben bereits was anderes geplant. Dennoch sitzen wir noch eine Weile und quatschen, Steffi, ihr Mann Bernd, sowie Jannik (14) und Joana (10). Vielleicht fahren Sie ja am Samstag mit, denn jetzt in der Vorsaison fährt die Corsara (Das Whalewatching-Boot) nur zweimal die Woche, Dienstags und Samstags. Samstag bin ich schon längst wieder zu Hause. Flieg ja übermorgen schon wieder.
Silvia und die Meeresakrobaten
Inzwischen ist auch Silvia wieder bei der Arbeit und ich geh´sie noch kurz besuchen. Wie gesagt, Silvia ist die Ansprechpartnerin schlechthin im Villagio dei Fiori, wo sie sich – so seh ich es zumindest – eine Lebensaufgabe erfüllt. Für Silvia ist Tourismus keine Arbeit, sondern eine Einstellung. Und das merkt man ihr auch deutlich an. Im Büro stehen überall Erinnerungen an die Meeresakrobaten. Mit Susannes (Susanne ist meine Frau) und Silvias gemeinsamer Liebe zu Delfinen hat seinerzeit (2001) unsere Freundschaft mit Silvia und unsere Zuneigung zu Ligurien begonnen.
Das Wetter macht nicht den allerbesten Eindruck. Es ist bedeckt. Ob da die Corsara heute überhaupt ausfahren kann? Wer weiß? Aber wenn nicht, könnte ich´s eh nicht ändern. Ich fahr jetzt einfach mal in die Stadt rein. Silvia hat mir dazu ´ne Touristenkarte ausgestellt, mit der ich den ganzen Tag lang (von 9:00 Uhr morgens bis abends) umsonst Busfahren kann. „Busse fahren alle 15 Minuten“, sagt Silvia, und so mach ich mich auf, hoch zur Fermata an der Corso Guglielmo Marconi und hoffe, dass ich irgendwann wegkomme.
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