Dienstag, 16.8.2016
Von der Cable-Car-Station bis Ocean-Village / Gibraltar zu Fuß
Nach der Mini-Bus-Tour habe ich vor, zu Fuß durch die ganze Altstadt Richtung Dolphin Safari zu schlendern. Ich beginne an der Cable Car Station und arbeite mich langsam nach Norden. Es sieht schon „very British“ aus: rote Telefonzellen und auch britische Pubs wie beispielsweise der „Angry Friar“. Wenn ich mir allerdings die Bewertungen des „Angry Friar“ bei Tripadvisor ansehe, muss man den Eindruck bekommen, dass beim „Angry Friar“ zum Schluss hauptsächlich die Besucher „angry“ sind. Vor allem Sauberkeit, Essen und Service werden bemängelt.
Ich gehe die Mainstreet einfach weiter und komme zum „Convent“. Das „Convent“ ist seit 1728 die offizielle Residenz des Gouverneurs von Gibraltar. Ursprünglich war es mal ein Franziskanerkloster, woher auch der Name herrührt. 1531 aber wurde es geschlossen. Im Speisesaal des Convents gibt es die umfangreichste Darstellung der Heraldik im Commonwealth of Nations.
Die „King’s Chapel“ grenzt an unmittelbar an die Residenz des Gouverneurs von Gibraltar, das Convent. Früher war die „King’s Chapel“ Teil eines Franziskanerklosters. 1704, nachdem die Briten Gibraltar einnahmen, wurde sie der Kirche von England vermacht und bekam da erst den Namen „King’s Chapel“. Während der großen Belagerung Gibraltars im späten 18. Jahrhundert und bei der Explosion eines Munitionsschiffes im Hafen von Gibraltar im Jahr 1951 wurde die Kapelle schwer beschädigt, sie wurde aber beide male wieder hergerichtet. Allerdings entspricht heute nur noch die Ostseite (Anmerkung: Das ist die Seite, wo der Altar steht) dem Original.
Ich bin ansich ja nicht so ein Kirchen-Fan, was mich aber total begeisterte, war, dass der Organist, als ich ihn fragte, ob ich sein Spiel fotografieren dürfte, nochmal extra kräftig in die Tasten griff. Das war toll!
An der Main Street (gegenüber der Kathedrale St. Mary the Crowned) steht seit 1994 die Royal Engineers Statue, welche vom Corps der der Royal Engineers zum Gedenken an die bis dato 290-jährige Anwesenheit der Briten auf der Halbinsel aufgestellt wurde. Warum zum 290-jährigen Jubiläum? War man unsicher, ob man die 300 Jahre noch voll bekommt?
„St. Mary the crowned“ ist das Zentrum katholischer Gottesdienste der Diözese in Gibraltar. Ursprünglich stand hier ja mal eine maurische Kirche. Nach der Reconquista hat man diese zunächst als christliche Kirche genutzt, unter den Königen Ferdinand und Isabella aber abgerissen. Gegen 1500 wurde hier ein größerer Neubau erstellt, welcher den Kern der heutigen Kathedrale bildet.
Bei der großen Belagerung durch die Spanier 1779–1783 wurde die Kirche schwer beschädigt. Bei der Restaurierung wurde das Bauwerk aber stark verkürzt, weil man davor eine gerade Mainstreet haben wollte. Und genau diese Mainstreet gehe ich weiter. Nach etwa 100 m kommt links das Gibralta Parliament. Das 1817 gebaute Gebäude, das früher auch als Bibliothek genutzt wurde, wurde am 28. August 1969 vom damaligen Gouverneur Admiral Vary Begg als Parlamentsgebäude eröffnet. Heute ist das Gebäude Sitz der 17 Mitglieder des Gibraltaer Parlaments.
Wenn man durch einen der drei Torbögen geht, blickt man auf der anderen Seite auf den John Mackintosh Square und die dahinter liegende City Hall. Die City Hall war früher übrigens ein Hotel, bevor es zum Rathaus umgestaltet wurde.
Geht man von der Mainstreet weg über den Mackintosh Square nach Westen, kommt man automatisch auf das British War Memorial in der Line Wall Road. Das British War Memorial, das an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges erinnern soll, wurde von Jose Piquet Catoli aus Barcelona gestaltet und 1923 vom Gouverneur von Gibraltar, Sir Charles Monro, enthüllt. Die Inschrift lautet: „To the Memory of all Officers and Seamen of the Gibraltar Straits Patrol Who Gave Their Lives for Their King and Empire in the Great War.“
Geht man die Line Wall Road 400 m nach Norden, kommt man zum American War Memorial. Dieses wurde 1933 in die alte Stadtmauer eingebaut und soll an die erfolgreiche Allianz zwischen dem United Kingdom und den USA im 1. Weltkrieg erinnern. 1998 kam zum ersten noch eine weiteres Bronzesiegel dazu. Dieses soll an die gemeinsame Nordafrika-Invasion von Briten und den USA im 2. Weltkrieg erinnern.
Bereits im Juni, also vor rund 2 Monaten, habe ich im Internet bei „The Official Dolphin Safari Gibraltar – The Blue boat“ für heute 17:00 Uhr eine Delfin-Tour gebucht und auch relativ sicher zugesagt bekommen. 18 £ (23,54€) kostet die Tour, die ich auf keinen Fall versäumen will. Wenn mich nicht alles täuscht, müsste ich um dorthin zu kommen, westlich des American War Memorials an einer Mauer entlang weiter Richtung Norden. Auf dem Weg dorthin komme unmittelbar nach einer Rechtskurve zur Montagu Bastion.
Die Montagu Bastion ist eine von mehreren Bastionen, die entworfen wurden, um Gibraltar zu schützen. Sie wurde auf den Resten der spanischen St.-Andreas- Plattform gebaut. Bereits in den 1730er Jahren existierte hier eine britische Bastion, die 1773 auf Veranlassung von Sir William Green vergrößert wurde. Mit 29 Kanonen war es 1859 die schlagkräftigste Bastion in Gibraltar. Es wurde aber fortwährend nachgerüstet und Kanonen ausgetauscht. Bis in den 2, Weltkrieg hinein.
Heute beherbergt die Bastion einen Fitnessraum und Büros für den „Gibraltar Youth Service“, welcher vier Jugendclubs betreut und von den sich einer in der Bastion trifft. In der Bastion befindet sich auch das Emile Hostel, eine preiswerte 42-Betten-Unterkunft.
70 m nach der Montagu Bastion kommt man an einen Kreisverkehr. Beim Blick zurück Richtung North Bastion, sehe ich, dass ich da offenbar schon heute früh war. Ist das nicht der Busbahnhof und dahinter am Hang der Turm vom Moorish Castle? Irgendwie liegt in Gibraltar wohl alles sehr dicht gedrängt.
Meinem Gefühl nach müsste ich zum Hafen hin jetzt die Waterport Road runtergehen. Doch wo bin ich da hingekommen? „Ocean Village“ heißt das künstlich erschaffene Protz-Viertel. „Ocean Village“ ist ein marines Erholungsresort mit Hotels, Büros, Wohn-Apartments, Restaurants, Bars, Boutiquen und einem Casino. Selbst 323 Liegeplätzen für Privatjachten gehören dazu.
Am Auffälligsten für mich ist das Sunborn Yacht Hotel. Das Fünf-Sterne-Hotel ist ein umgebautes Kreuzfahrtschiff mit Wellnessbereich, Konferenzeinrichtungen, Restaurants und Bars. Es ist 142 m lang und hat 189 Betten. Eröffnung war im März 2014. Angeblich hat der Umbau 120.000.000 £ gekostet. 2015 kam dann noch ein Casino dazu. Angesichts von solchem Protz fühle ich mich als „Einfach-Urlauber“ mit Fotorucksack immer etwas deplatziert. Aber da muss ich jetzt durch, schließlich will ich zu Dolphin Safari, das hier irgendwo sein muss!
Das Büro von Dolphin Safari ist tatsächlich hier. Mit Nr. 10-grün in diesem Plan sieht man, wie nahe es bei diesem Protz liegt. Dennoch sind die Menschen bei Dolphin Safari angenehm familiär. Ich bekomme meine Bestätigung und habe bis 17:00 Uhr noch 1 ½ Stunden Zeit – genug, um irgendwo was zu trinken oder vielleicht gar zu essen.
Entlang der Marina Bay gibt es etliche Restaurants, aber die Entscheidung fällt leicht. Vorm „The Ship“ sitzt, bei einem Glas Wein – Elli. Ja, die Frau von heute Morgen aus dem Mini-Bus! Ich frage, ob ich mich dazusetzen darf und natürlich darf ich. Ich bestell mir ein alkoholfreies Bier und wir kommen so richtig ins Tratschen, so als ob wir uns schon ewig kennen. Wir reden über den Brexit der Briten und was weiß ich über was alles noch. Das ist wirklich angenehm. In so netter Gesellschaft könnte ich mir auch noch etwas zu essen bestellen und was ist das, wenn man bei den Briten ist? Natürlich Fish & Chips – und ich muss euch sagen: Etwas Besseres habe ich selten gegessen. Nichts von der den Britten nachgesagten miserablen Essensqualität. Das hier war wirklich „erste Sahne“ und sein Geld wert, auch wenn ich erkennen muss, dass Gibraltar sehr, sehr teuer ist.
< zurück | weiter > |
ANDALUSIEN 2016 – INHALTSVERZEICHNIS |
HAUPTGRUPPE BERICHTE |