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Züge, Zoos und Zärtlichkeit 8

Sonntag, 18. August 2019

Fahrt nach Ebermannstadt


Heute ist unser letzter Urlaubstag. Auf der Heimfahrt wollen wir in Ebermannstadt, einer Kleinstadt irgendwo im oberfränkischen Landkreis Forchheim, so etwa zwischen Bamberg und Erlangen gelegen, noch einen Stopp einlegen. Grund: Hier kann man im Gegensatz zur Dampfzugfahrt am Brocken noch zu „normalen“ Preisen mitfahren.

Um 8:07 Uhr kommen wir los. Der Kilometerzähler zeigt 198.921 km. Eigentlich wollte ich das 200.000km-Jubiläum ja noch auf dieser Reise machen, aber das wird nicht mehr ganz reichen. Noch mal kurz aufgetankt beim ABC Autohof am Lohfeldener Rüssel und dann die A7 runter Richtung Süden.

Nachdem wir gegen 11:00 Uhr das 3.500-Einwohner-Dorf Buttenheim hinter uns gelassen haben (hier wurde übrigens der Jeans-Erfinder Levi Strauss geboren) musste ich 20 Minuten später alles daransetzen, dass beim Panda die Nieten nicht platzen. Läuft mir doch glatt ein Eichhörnchen – ohne zu gucken – direkt vor den Kühler. Dank Vollbremsung – auf der wenig befahrenen Straße war das Gott-sei-dank ohne Gefährdung anderer möglich – ist weder uns noch dem Roten mit dem buschigen Schwanz irgendwas passiert. Aber Gummi habe ich da sicher gelassen. Noch eine letzte Umleitung bei Weilersbach (es wär ja auch zu einfach, wenn mal was glatt ginge) erreichen wir kurz nach halb 12 Ebermannstadt.

Wir stellen unser Auto auf dem REWE-Parkplatz am Kirchplatz ab. Alle anderen Parkmöglichkeiten sind bereits weg. Insbesondere beim Bahnhof hat man keinerlei Chance mehr zu parken. Grund sind sicher die Dampfzugfahrten, die im Rahmen des von 14.8. bis 18.8.2019 stattfindenden Altstadtfestes heute stattfinden. Das ist aber weiter nicht tragisch, denn bis zum Bahnhof ist es gerade mal ein halber Kilometer, zu Fuß also etwas mehr als 5 Minuten.

Bahnhof Ebermannstadt


Als wir ankommen. fährt genau im selben Augenblick der Dampf-Sonderzug aus Behringersmühle ein. Es versteht sich von selbst, dass ich mir den nicht entgehen lasse und ein paar Aufnahmen schieße. Gezogen wird der Zug von einer vierachsigen Tenderlokomotive, einer ELNA 6. ELNA steht für Engerer Lokomotiv-Normen-Ausschuss. Der ELNA war so eine Art DIN für Privat- und Kleinbahn-Lokomotiven. Unter der Leitung von Hanomag hat man seinerzeit einfach mal versucht, Lokomotiv-Teile so zu vereinheitlichen, dass man sie innerhalb gleicher Baureihen austauschen konnte. Allerdings muss auch ich als Eisenbahnfan zugeben, zwar schon von Einheitsloks wie der Baureihe 01, der Baureihe 03, der Baureihe 44 oder der Baureihe 64 gehört zu haben, von den Loks der ELNA-Baureihe allerdings habe ich bis heute noch nie was gehört. Das spielt für mich aber auch keine große Rolle, Hauptsache Dampflok.

Der eben gekommene Zug macht hier jetzt 2 Stunden und 15 Minuten Pause. Um 14:00 Uhr fährt er wieder nach Behringersmühle – und wir mit, falls wir Fahrkarten bekommen. Die gibt´s aber erst ab 13.00 Uhr. Bis da hin ist der Schalter zu. Es hindert uns also nichts und niemand, im Ort noch Mittag essen zu gehen. Susanne hat vorhin etwa auf halber Strecke zwischen REWE und Bahnhof auf der rechten Seite, wenn man vom REWE kommt, eine Pizzeria gesehen. Und genau dort gehen wir hin.

Ebermannstadt


Ebermannstadt nennt sich selbst „das Herz der Fränkischen Schweiz“ und ich muss eingestehen, das Dörfchen hat – obwohl wir bisher nur sehr wenig davon gesehen haben – auch tatsächlich was Herzliches. Etwas nostalgisch vielleicht, aber man fühlt sich sofort wohl. Allein der Briefkasten, in dem man „nur Liebesbriefe“ verschicken darf, spricht doch für sich.

Pizzeria La Locanda da Arturo


Die Pizzeria „La Locanda da Arturo“ findet man vom Bahnhof kommend links in einem kleinen Flachbau kurz vor der Kirche. Die kleine Terrasse ist schon voll besetzt, sodass wir unser Glück drinnen versuchen. Aber auch drin ist der Platz nicht gerade üppig, eine lange Fensterbank mit 3 Tischen und ein paar Stühlen und am Ende noch ein kleines Nebenzimmer. Der mittlere Tisch am Fenster ist noch frei und auch nicht reserviert. Glück gehabt.

Als wir die Karte studieren, fallen wir fast vom Glauben ab. Solche Preise gibt´s doch nicht! Pizzen zwischen 4 und 9 €, Pasta zwischen 5,50 und ebenfalls 9 €. Damit ihr nicht glaubt, ich flunkere, setz ich hier Links zur Karte (Pizzen / Nudeln). Ich bestell mir eine Pizza Vegetaria und Susanne sich Spaghetti Napoli. Zuvor aber jeder noch einen (kleinen!!) gemischten Salat. Der gemischte Salat kommt ohne viel Schnickschnack in einer üppig gefüllten einfachen Glasschüssel und schmeckt einfach grandios.

Wir haben unseren Salat gleich bekommen und Pizza und Nudeln sind auch schon im Anmarsch. Welch Riesenglück wir dabei hatten, sehen wir jetzt, nur 20 Minuten später. Das Lokal ist so brechend voll, dass die Bedienung Besucher, die jetzt erst ins Lokal kommen, darauf hinweisen muss, dass sie zwar sehr gerne willkommen sind, aber jetzt in der Hoch-Zeit mit einer Stunde Wartezeit rechnen müssen. Das verärgert manche, aber auch im besten Lokal, bei dem (und das muss man betonen) alles frisch zubereitet wird, können nicht mehr Pizzen in den Ofen als dort Platz ist und Arturo kann sicher auch nicht mehr Salat schneiden, als zwei Hände hergeben. Kleiner Tipp also: Reservieren oder außerhalb der Stoßzeiten kommen.

Die Pizzeria „La Locanda da Arturo“ ist eine Pizzeria, wie ich mir eine Pizzeria vorstelle: Klein, familiär und aufs Wesentliche reduziert: Auf ein Essen, das sich „von“ schreiben kann und auf eine stets freundliche Bedienung, die bei Riesenansturm klar sagt, was Sache ist, immer freundlich bleibt und die Ruhe nie verliert. Von mir bekommt diese Pizzeria auf jeden Fall 5 von 5 Sternen.

Zurück zum Bahnhof


Nach dem super-Mittagstisch gehen wir zurück Richtung Bahnhof. Da, wo die Bahnhofstraße über die Wiesent geht, steht links ein Denkmal, das an die sogenannten „Schafwäscher“ erinnert. Diese Schafwäscher sollen hier in der Furt ihre Schafe gewaschen haben, zu einer Zeit, in der es die „Griesbrücke“ über die Wiesent noch nicht gab. Dazu wurde die Wiesent damals mit Baumstämmen begrenzt, damit die Schafe nicht ausbrechen konnten.

Bahnfahrt nach Behringersmühle


Pünktlich um 13:00 Uhr sind wir wieder am Bahnhof. Am Schalter steht schon eine lange Schlange. Die Dampfzug-Fahrten scheinen also recht begehrt zu sein. Im Gegensatz zum Mittwoch, wo wir im Harz für Hin- und Rückfahrt zum Brocken 90 € zahlen sollten, kostet eine vergleichbar lange Fahrt (je etwa 2 x 45 Minuten) für zwei Personen hier 28 €. Für mich ist das ein gewaltiger Unterschied.

Das ging schneller als gedacht. Wir haben die begehrten Tickets. Da der Zug erst in einer halben Stunde fährt, guck ich mir natürlich noch die Fahrzeuge an, beispielsweise die 1930 bei der Berliner Maschinenbau-Actien-Gesellschaft gebaute Lok mit der Achsfolge Dh2t und die Wagen, u. a. einen Behelfspersonenwagen, wie ihn die Deutsche Reichsbahn im Zeiten Weltkrieg einsetzte.

Als Eisenbahnfan bekommt man da schon feuchte Augen. Schaut euch doch nur das Gestänge, den Kreuzkopf, die Feuerbuchse und all die andere Details an. Ist das nicht Wahnsinn? Nichts Computeriges, nichts Digitales und trotzdem – alles funktioniert!

Ein einfaches am Behelfspersonenwagen angebrachtes Zuglaufschild sagt uns, wohin heute die Reise geht. Nichts mit elektronischer Anzeige, wie bei der DB, die dann eh nicht funktioniert.

Wir steigen ein, in den allerletzten Wagen, einen dreiachsigen Halbgepäckwagen des Typs BD3yg aus der Reihe der seit 1954 hergestellten Umbauwagen. Wir sitzen in Fahrtrichtung rechts. Viel Zeit, uns noch umzusetzen haben wir nicht, denn schon sind die wenigen Sitze allesamt belegt. Ich schiebe das Fenster nach unten und orientiere mich. Vielleicht kann man während der Fahrt, falls wir irgendwo eine Rechtskurve fahren, den Zug ja von hier aus fotografieren.

Ich bin total aufgeregt und hab „Hummeln im Hintern“. Während Susanne die Aufgabe zukommt, meinen Platz zu verteidigen, gehe ich noch kurz Richtung Lok in den nächsten und übernächsten Wagen. Ich muss unbedingt noch Fotos machen, bevor die Massen den Zug stürmen – und da stürmen sie schon…

Jetzt aber schnell zurück. Außen am Bahnsteig, denn im Zug gibt´s jetzt kein Durchkommen mehr. Geschafft! Ich bin wieder an „meinem“ Umbauwagen. Die Tür ist auf. „Nicht öffnen, bevor der Zug hält“ steht auf einem Schild links neben dem Türgriff unterhalb des Fensters. Wie oft habe ich dieses Schild in meiner Lehr- und Berufsschulzeit 1970-1973 gelesen? Genau solche Türen hatte auch mein Zug damals. Jetzt werde ich noch sentimentaler.

Auch den Hebel der elektrischen Heizung erkenne ich wieder. Diese elektrische Heizung wurde damals in jedem Wagen einzeln mit einer Art Dynamo betrieben, so wie wir damals unser Fahrradlicht mit einem Dynamo betrieben (ach das kennt heute ja auch keiner mehr).

Inzwischen wird am Parallelgleis die Lok umgesetzt. Sie wird also Tender voran Richtung Behringersmühle fahren.

Dann geht es endlich los. Was ich persönlich super toll finde ist, dass die Dampfbahn Fränkische Schweiz noch Karton-Fahrkarten ausgibt, wie sie 1836 von Thomas Edmondson erstmals hergestellt wurden. Die bei unseren Karten aufgedruckten Zahlen 75736 bzw. 75737 sind fortlaufende Seriennummern. Das Datum, bei uns der 18.08.2019, wurde damals wie auch heute hier in Ebermannstadt mit einer Fahrkartenstempelpresse eingeprägt. Zur Entwertung wird die Karte einfach am unteren Rand gelocht. Im linken, weißen Feld bei der Hinfahrt, im braunen rechten Feld bei der Rückfahrt.

Immer wieder fährt der Zug eine Rechtskurve, sodass ich vom letzten Wagen aus – ja ich weiß, „Nicht hinauslehnen“, gut fotografieren kann. Wir fahren fortwährend im Tal der Wiesent, die wir auch hin und wieder auf kleinen Brücken überqueren. Die folgenden Bilder sprechen für sich, sodass man diese nicht weiter kommentieren muss.

Um 14:45 Uhr erreichen wir kurz hinterm (leider für immer geschlossenen) Café Stempfermühle pünktlich den Endbahnhof unserer heutigen Fahrt – Beringersmühle. Bahnbetrieb, d.h. Fahrkartenverkauf oder Restauration gibt´s hier schon lange nicht mehr.

In Beringersmühle machen wir 15 Minuten Pause, dann geht´s wieder zurück nach Ebermannstadt.

Bahnfahrt zurück nach Ebermannstadt


In Beringersmühle wird die Lok umgesetzt. Viel Zeit bleibt uns nicht, denn um 15:00 Uhr geht´s pünktlich wieder zurück.

Die Rückfahrt verbringen wir im historischen Speisewagen. Das Angebot ist voll ausreichend und spottbillig (die Betreiber sagen auf ihrer HP „familienfreundlich“). Egal was, auf jeden Fall bleibt bei der Fahrt mit der DFS immer noch Geld übrig, dass man dem einen oder anderen Eisenbahnbegeisterten für Weihnachten oder zum Geburtstag noch ein Präsent mitbringen kann.

Nach dem Kaffee zieht´s uns raus. Gibt es etwas Schöneres als bei einer Bimmelbahn (die Mitarbeiter der Dampfbahn Fränkische Schweiz e.V. mögen mir diesen Ausdruck verzeihen) auf der Plattform zu stehen und den Wind (und den typischen Dampflok-Geruch) um die Nase wehen zu lassen?

Es macht einen Riesenspaß, die Landschaft ist herrlich und ich bin voll in meinem Element. Dass auch Susanne begeistert ist, hat mich – ehrlich gesagt – etwas überrascht. Andererseits, wenn Vater und Bruder bei der Bahn arbeiteten, dann muss – wenn auch vielleicht im Unterbewusstsein – doch auch bei ihr was in den Genen sein.

Ich kann diese Fahrt – 35 km nördlich von Nürnberg – nur jedem empfehlen. Dampfzugfahrt im Wiesenttal und zuvor (bitte rechtzeitig kommen oder voranmelden) eine Pizza bei Aturo. Besser kann ein Tagesausflug nicht sein.

Um dreiviertel vier sind wir wieder zurück.

Das letzte Zugpaar des Tages (16.00 ab Ebermannstadt, 17.00 ab Behringersmühle) verkehrt heute mit einer historischen Diesellok des Typs V60.

Wir aber verkehren jetzt nicht mehr mit dem Zug, sondern gehen zurück zu unserem Auto. Bis Mering sind es – laut Navi – immerhin auch noch knapp 3 Stunden – wenn wir Glück haben.

Heimfahrt


16:10 Uhr bei km 199.202 starten wir zu unserer Fahrt nach Hause. Es ist sakrisch heiß! Zum Glück hat der Panda eine Klimaanlage. Keine Ahnung, warum mich das Navi nicht Richtung Forchheim und dann auf die A 73 schickt. Stattdessen werde ich über allerlei Käffer wie „Pretzfeld“, „Egloffstein“, „Simmelsdorf“ zur Autobahnauffahrt 48 Schnaitach der A9 geschickt, wo wir von Anfang an im Stau stehen. 6 km mache ich das mit, dann fahre ich bei der nächsten Ausfahrt, nämlich bei Lauf/Hersbruck wieder raus auf die B 14. Aber auch dort ist Stau. In Lauf an der Pegnitz tank ich dann auch gleich mal. Wer weiß, wie weit man bei diesen Staus spritmäßig kommt.

Der Stau auf der B14 ist so ´ne Kacke, dass ich bei Nürnberg Beringerdorf wieder auf die A3 muss und von dort Richtung Kreuz Nürnberg, das von der Ausfahrt Lauf/Hersbruck gerade mal 8 km weg ist. Ich dagegen habe, weil ich dem Stau ausweichen wollte, 17 km gemacht. Voll genervt reihe ich mich auf der A9 wieder in den Stau ein. Ob mein Ausweich-Manöver jetzt so schlau war? Wenigstens einen Vorteil aber hat es gehabt. Ich habe jetzt wieder einen vollen Tank.

Der Stau geht weiter bis zur Überleitung auf die A66 beim Kreuz Nürnberg-Ost. Eine ¾ Stunde hat mich der Stopp-and-Go inzwischen gekostet. Gut, ich war tanken, aber das hat höchsten 5 Minuten gedauert.

Ab dem Kreuz Nürnberg Süd geht´s dann endlich wieder. 7 km weiter erreichen wir die B2. Gott sei Dank haben wir das ganze Autobahn-Gestaue jetzt hinter uns. Es geht flott voran bis – ja bis Pleinfeld-Süd. Dort werden wir aus- und über Thannhausen, Frickenfelden, Gunzenhausen, Dornhausen, Theilenhofen umgeleitet, weil die B2 zwischen Pleinfeld und Ellingen auf 6½ km gesperrt ist. Wisst ihr, wie lang die Umleitung war? 42,3 km! Irgendwo zweifle ich an meinem Verstand! Hätten wir heute in Ebermannstadt nicht so einen supertollen Tag gehabt, würde ich jetzt bestimmt sauer.

Wenigstens haben wir kurz vor Donauwörth linker Hand einen wunderschönen Regenbogen, der uns für manches entschädigt. Um 20:17 Uhr, nach 4 Stunden und 7 Minuten Fahrt, sind wir dann endlich zu Hause. Gibt man die Strecke Ebermannstadt – Mering bei Google-Maps ein, sind dort 2½ Stunden vorgesehen.

Technische Daten


Insgesamt sind wir mit unserem betagten Panda in diesem Urlaub 3.199 km gefahren. Die 200.000 km konnten wir trotz der teils großen Strecken nicht voll machen. Alles in allem haben wir 182,5 l Sprit verbraucht, was einem durchschnittlichen Verbrauch von 5,7 l/100 km entspricht. Bei den momentanen Spritpreisen kostete uns der einwöchige Urlaub spritmäßig ziemlich genau 255 €. 


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