Mit Schlafsack und Zelt in die Serengeti
Zum Geldwechseln und Einkaufen nach Arusha (19.8.2009)
Gegen dreiviertel elf ist es endlich soweit. Wir besteigen den 4,5 l Toyota-Land-Cruiser, ein Spezialfahrzeug, das sich Elefant-Tours speziell für Safari-Zwecke hat umbauen lassen. So bietet der Land-Cruiser theoretisch Platz für acht Personen. Wir sind aber nur zu dritt. „Platz zum Liegen“ also. Leider aber nicht ganz. Da wir nur so wenige sind, wird nämlich auf das sonst übliche zweite Versorgungsfahrzeug verzichtet und alles, was wir brauchen, einschließlich des Kochs Alouis und seiner Gerätschaften, wird hier mitgenommen. Der Platz im Land-Cruiser ist aber auch so immer noch mehr als ausreichend.
Zunächst geht’s, zwischen Baracken hindurch, die Schlaglochpiste wieder hinunter in die Stadt. Wir müssen aus drei Gründen noch mal nach Arusha. Erstens, weil Werner wegen einer Entzündung an den Lippen, die er sich auf dem Kilimanjaro zugezogen hat, unbedingt noch eine Salbe braucht. Zweitens, weil wir alle noch tansanisches Geld brauchen und drittens, weil wir alle noch was zu trinken brauchen. Zwar hält Elefant-Tours für jeden von uns 3 Liter Trinkwasser pro Tag bereit, doch ich rede nicht von Trinkwasser. Ich denke, dass so ein Bierchen am Abend als Schlummertrunk in der „Pampa“ sicher nicht zu verachten ist.
Wenn wir schon nach Arusha rein fahren müssen, dann frage ich Lazaro auch gleich, ob er nicht noch beim Clock Tower vorbeifahren kann. Der Clock Tower ist eine Art Wahrzeichen in Arusha. Hier bzw. in den Cafés drumherum haben sich Anfang der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts auch John Wayne und Hardy Krüger rumgetrieben, wenn bei „Hatari“ gerade mal Drehpause war. Ich fühl‘ mich mit Cargo-Hose, Stetson und Fotojacke nun auch schon fast wie ein Großwildjäger, nur dass ich vorhabe, meine Trophäen im RAW-Format auf Speicherchips mit nach Hause zu bringen.
„Hakuna Matata, kein Problem, natürlich können wir am Clock Tower vorbeifahren.“ Ich merk‘ schon, mit Elefant-Tours, dem Fahrer Lazaro und dem Koch Alouis habe ich einen Volltreffer gelandet. Genauso mit meinen beiden Mitfahrern Werner und Helmut, zwei Brüder aus Merings Nachbarstadt Friedberg.
In den letzten vierzig Jahren hat sich die Einwohnerzahl Arushas mehr als verachtfacht. Heute ist Arusha das Zentrum für Tourismus in Ostafrika, weshalb es scherzhaft von manchen auch schon mal Dar es Safari genannt wird (in Anlehnung an Dar es Salaam).
In der Nähe des Clock Towers gibt es eine Wechselstube, in der wir Bargeld tauschen können. Helmut erhält für 50 US-$ 66.000 TSh (1 $ = 1.320 TSh), ich für 70 € 128.450 TSh (1 € = 1835 TSh). Oder anders rum: 1.000 TSh sind rund 55 €-Cent, d.h. der Schein mit dem „Löwen“ ist 1,10 € wert und der mit „Julius Nyerere“ 55 Cent. Der „Wasserbüffel“ kostet 28 €-Cent und der „Elefant“ 5,50 €. Später vergisst man oft, wie wenig das eigentlich ist, vor allem, wenn man (selbst im Hotel) für einen „Elefanten“ ein komplettes Menü erhält. Was man in Restaurants allerdings beachten sollte: Gerne wird in Tansania auch, hat man grad keinen „Elefanten“ zur Hand, an seiner Stelle ein „Alexander Hamilton“ genommen. 10 US-$ anstelle von 10.000 TSh. Dass man auf diese Weise etwa 36% draufzahlt, darüber redet der Tansanier nicht.
Vollgepackt mit Scheinen kann sich Werner in der Apotheke nun endlich seine Salbe kaufen und wir alle zusammen in einem Supermarkt unsere „flüssige Wegzehrung“. Was mich dabei total überrascht, ist die gewaltige Größe des Supermarkts und vor allem, dass er sich durch nichts von unseren Supermärkten unterscheidet. Selbst Einkaufswagen und Scannerkassen fehlen nicht. Und draußen wohnen die Menschen in Baracken. Das Angebot im Supermarkt ist reichlich und um eine Vorstellung zu bekommen, möchte ich hier ein paar Preise nennen:
Salat: | 800 TSh = (0,44 €) | |
Cashew-Nüsse (200 g): | 3.000 TSh = (1,65 €) | |
Weißkohl: | 900 TSh/kg = (0,50 €/kg) | |
Tomaten: | 1.700 TSh/kg = (0,94 €/kg) | |
Karotten: | 1.900 TSh/kg = (1,05 €/kg) | |
Bananen: | 1.980 TSh/kg = (1,09 €/kg) | |
Kartoffeln: | 2.200 TSh/kg = (1,21 €/kg) | |
Zwiebeln: | 4.000 TSh/kg = (2,20 €/kg) | |
Blumenkohl: | 3.000 TSh/kg = (1,65 €/kg) | |
Äpfel: | 5.000 TSh/kg = (2,75 €/kg) |
Wenn ich diesen Preisen das durchschnittliche tansanische Monatseinkommen von rund 50 € = 91.750 TSh gegenüberstelle, finde ich die Lebensmittelpreise doch recht beachtlich. Für unsere Verhältnisse dagegen ist alles recht preiswert. Ich kaufe mir für 5000 TSh eine Packung Bohnen (für mein Bohnenbeutelstativ) und für 7200 TSh (4,00€) einen Sixpack Tusker-Bier (gegen die „trockene Luft“ der Savanne). Beim Rausgehen sehe ich auf dem Kassenzettel, dass Bohnen nicht, Bier aber mit 18% besteuert wird.
Transferfahrt zur Zion Campsite
Inzwischen haben wir schon den halben Tag vertrödelt. Gegen halb zwölf geht’s dann endlich weiter. Die A104, welche die Ardai Plains von Ost nach West durchschneidet, ist gut ausgebaut. Nachdem wir zur Oasis Lodge nur über Schotterstraßen gefahren sind, hätte ich eine derart gute Straße in Afrika eigentlich nicht erwartet. Die 100 km über Monduli, Makkuyuni und Kwa Kuchina bis zum Tarangire Nationalpark müssten so eigentlich ratz-fatz zu schaffen sein.
Zunächst geht es auch flott voran. Wir passieren den kleinen Regionalflughafen von Arusha, wo gerade Gepäck auf das Dach eines Überlandbusses geladen wird, einen „wuselig-quirligen“ Massai-Markt und Wasserlöcher, die während des Straßenbaus extra für die Massai und ihre Herden angelegt wurden. Nördlich der Straße ragen die Monduli-Berge auf. In der Nähe der „Rinder-Tankstellen“ kommt es schon auch mal vor, dass es einen längeren Stau gibt. Massai-Rinder waren nämlich schon hier, lange bevor es die Schnellstraße gab. Aber immerhin wird der „Querverkehr“ durch Schilder angezeigt und PS-Bolliden, wie auch unser 4,5-Liter-Land-Cruiser haben darauf entsprechend zu reagieren. „Hakuna Matata“.
Nach nur 30 km ein weiterer „Stopp“. Oh nein, nicht doch! Ich will doch Tiere gucken! In Tansania scheint es aber Usus zu sein, die Touristen erst mal auf den Tourismus einzustimmen. Bei meiner letzten Safari hier, im Jahr 2002, haben wir „Stopp“ gemacht und jetzt wieder. Ich glaube, es gibt absolut keinen einzigen Tansania-Touristen, der den an der Schnellstraße liegenden „Rock Shop“ mit dem ganzen tansanischen Trödel nicht kennt. Neben Massai-Schnitzereien, -Malereien, -Musik, -Ketten, -Tüchern gibt es hier alles, was man zum jetzigen Zeitpunkt nun absolut überhaupt nicht brauchen kann. Das ist doch alles Gewicht und dann muss man das Zeug eine Woche lang mit sich rumschleppen. Also, was soll das?
Okay, Landkarten hätte man hier eventuell kaufen können, doch die des IC-Verlags in Deutschland sind deutlich günstiger und exakter. Ob die Safari-Unternehmen den Touristen einen Gefallen tun, wenn die Fahrt jedes Mal mit einer „Verkaufsschau“ startet? Ich hab da so meine Zweifel.
Zion Campsite
Gegen halb zwei endlich erreichen wir 6 km nördlich des Eingangs zum Tarangire Nationalpark unser Camp, die Zion Campsite. Hier sollen wir also unsere erste Nacht verbringen. Doch von „Mit Schlafsack und Zelt in die Serengeti“ sind wir noch weit, weit weg. Das Gebiet hier ist Massai-Weideland und so hört man von überall her das Bimmeln der „Kuhglocken“. Ich fühl‘ mich (zumindest akustisch) an den „Viehscheid“ in Hindelang, Balderschwang oder Oberstaufen erinnert. Im Camp gibt es ein kleines Sanitärhaus mit jeweils zwei Duschen (schmuddelig zwar, aber mit warmem Wasser!) und Toiletten, für Männlein und Weiblein getrennt, ein Haus, wo die Köche das Essen herrichten können und ein mit bunten Stühlen und Tischen ausgestattetes Essenshaus, in dem an den Wänden über uns unzählige Massai-Bilder hängen. Hoffentlich wird das nicht schon wieder eine Verkaufsveranstaltung.
Da wir „All the time in the World“ zu haben scheinen, wird jetzt erst mal zu Mittag gegessen, aber nicht wie erhofft, etwas Warmes, sondern Picknick aus einem Pappkarton: Hühnchenschenkel, Sandwiches, Bananen, Kuchen und ein Ananassaft-Getränk nach Sunkist-Art. „Und, Werner, wie schmeckt’s?“ „Gar nicht mal so schlecht.“ Was mich selbst ein wenig nervt, ist die Tatsache, dass wir hier in der dürftigen Zion-Campsite hocken, hundemüde sind und gerädert, und dass wir doch eigentlich wilde Tiere sehen wollten.
In 4½ Stunden nämlich (und da habe ich mich jetzt nicht verrechnet) geht bereits wieder die Sonne unter und wir haben noch nicht ein einziges wildes Tier gesehen. „Sind wir nicht auf Safari?“ Fahr runter, Rüdiger, du weißt doch: „Pole, Pole“. Doch damit hab ich’s noch nicht so. Vor allem nicht, wenn ich müde bin!
Es kommt immer noch dicker. Jetzt sollen auch noch die Zelte aufgestellt werden. Dabei stand „Nachmittags Pirschfahrt im Tarangire Nationalpark“ im Prospekt. Bin ich wieder an einen Veranstalter geraten wie seinerzeit den ASC? Das darf’s ja wohl nicht sein.
Zumindest machen die Zelte einen sehr guten Eindruck und aufgestellt sind sie auch im Nu. Das ist echt positiv! Die Elefant-Tours-Zelte sind richtige Profi-Zelte und super-solide verarbeitet. Sie haben eine Grundfläche von 2½ m x 2½ m und sind mannshoch. Das ist schon mal recht komfortabel. Aber das Allerbeste ist, ich habe ein Zelt ganz für mich alleine! Hinter dem Eingang mit einem rundum verlaufenden Zweiwege-Reißverschluss gibt es noch einen zweiten „Fliegengitter-Eingang“, ebenfalls mit rundum verlaufendem Zweiwege-Reißverschluss. Vor der Tür ist eine Art integrierter Schuhabtreter ausgerollt. An den Seiten, in etwa 1,50 Metern Höhe gibt es jeweils ein „Fliegengitter-Fenster“ (ebenfalls mit herunterrollbarem Sichtschutz) und ganz oben befindet sich eine abgesetzte Lüftung, damit man beim Zelten nicht in seinem eigenen Mief erstickt. Geschlafen wird (und das ist jetzt fast schon Luxus) auf etwa 5 cm dicken Matratzen.
Die Zelte stehen, es ist Viertel nach zwei. Endlich! Am Toyota wird zum ersten Mal das Dach hochgeklappt. Das für alle sichtbare Zeichen, dass die „Game-Drive“ (die Suche nach wilden Tieren) nun beginnt. Nachdem alles Unwichtige aus dem Fahrzeug ausgeladen ist, Zelte, Gepäck, Kochgeschirr und Alouis auch (er möge mir die „Gemeinheit“ verzeihen), haben wir nun „Platz zum Liegen“.
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MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI | … UND HINTERHER NACH SANSIBAR |
REISEBERICHTE AUS AFRIKA |
Am 6. Juni 2014 um 10:32 Uhr
Na Du hast es doch selbst geschrieben: Der Kapitalismus ist halt auch in Ostafrika angekommen und dort wird entsprechend promotet wo es sich lohnt :-D Ein gar nicht ganz so verwerfliches Verhalten, nachdem man jedoch gut und gerne 2 Tage auf den Beinen war ohne Schlaf kann ich Dich schon verstehen, wenn man a weng sauer ist, dass man erstmal durch die Tourismushöllen gebracht wird, bevor man irgendwann…so im Ansatz mal…nicht wahr?
Jaja…“Pole Pole“. Dafür sind wir Mitteleuropäer einfach zu unentspannt, hab ich das Gefühl :-)