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Mit Schlafsack und Zelt in die Serengeti

Tarangire Nationalpark (19.8.2009)


Zum Tarangire Nationalpark ist es nicht sehr weit und so erreichen wir kurze Zeit später den Eingang. Der Tarangire Nationalpark soll wegen seiner abwechslungsreichen Landschaft und einzigartigen Tierwelt zu den attraktivsten Nationalparks in ganz Nordtansania gehören. So steht’s zumindest in der Elefant-Tours-Ankündigung. Seinen Namen hat der 2600 km² große Park (zum Vergleich, das Saarland ist 2569 km² groß) vom Tarangire-Fluss, der sich von Süden nach Norden durch den ganzen Nationalpark hindurchschlängelt und der ganzjährig Wasser führt.

Affenbrotbäume


Der nördliche Teil (nur diesen werden wir besuchen) sei hügelig und über und über mit Affenbrotbäumen übersät, jenen Bäumen, die so aussehen, als tragen sie ihre Wurzeln oben.

Über Affenbrotbäume gibt es unzählige Legenden: Eine besagt, dass der Affenbrotbaum (Adansonia digitata oder auch Baobab, wie er hier genannt wird) an seinen Schöpfer ständig und immerzu Wünsche und Forderungen stellte, angefangen von mehr Platz zum Wachsen, einem mächtigeren Stamm, der zartesten Rinde überhaupt, bis hin zu samtartigen Früchten. Alles hat Gott, der Herr, erfüllt. Doch als der Baum dann auch noch goldene Blüten wollte, um sich von den anderen Bäumen der Savanne abzuheben, war das Maß voll. Gott selbst riss den Baum heraus und steckte in „kopfüber“ wieder ins Erdreich. Und so steht er heute noch.

Eine andere Legende berichtet davon, dass es der Höllenfürst war, der die Bäume ausriss und sie „Wurzeln nach oben“ wieder in die Erde rammte. Angeblich hätte der Teufel eine Höllenangst (kommt daher das Wort?) vor der Zauber- und Heilkraft des Baumes.

Die Legenden nehmen kein Ende: Eine besagt sogar, dass man von einem Löwen gefressen wird, wenn man die Blüten eines Baobabs pflückt, eine andere, dass man, um sich vor Krokodilen zu schützen, einen Tee aus den Samen des Baums trinken solle. Dabei wird man aber auch gleichzeitig genau so groß und mächtig wie der Baum selbst. Kein Wunder, dass da das Krokodil Angst bekommt.

Obwohl ich von Haus aus ja nicht unbedingt abergläubisch bin, hab‘ ich’s dennoch nicht getestet. 87 Kilo und 186 cm Größe sind genug.

Genug jetzt mit den Legenden. Fakt ist, dass ein ausgewachsener Baobab in seinem Stamm bis zu 140 m³ Wasser speichern kann. Das ist in etwa genauso viel wie eine durchschnittliche 3-köpfige Familie in Deutschland mitsamt Baden, Duschen, Klo und dem wenigen Bisschen Wasser fürs Essen-Machen im Jahr verbraucht. Weitere Fakten sind, dass man aus den Früchten des Affenbrotbaums Heilmittel herstellen kann und dass aus seinen Früchten Bonbons hergestellt werden. Aus der Rinde kann man Schnüre machen und Seile und Netze und Matten und Körbe. Ja sogar Papier und Seife soll man aus Teilen des Baumes herstellen können. Und – Achtung, jetzt kommt’s ganz dick: Aus dem fleischigen Teil des Samens soll sogar Bier hergestellt werden. Wie gerne hätte ich das gekostet. Ich hab‘ es aber nirgendwo erhalten. Vielleicht ist das mit dem Bier auch nur eine Legende?

Wegen der riesigen Mengen Wasser, die Baobabs speichern können, werden deren Stämme gerne auch mal von Elefanten an- oder sogar durchbohrt. Das geht soweit, dass manche Baobabs Löcher haben, durch die man locker mit dem Auto hindurchfahren könnte.

In den Dörfern vieler afrikanischer Stämme darf ein Baobab nicht fehlen. Geht er ein, muss das Dorf aufgegeben und ein neuer Baum gesucht werden, um den man dann die runden Lehmhütten wieder aufbauen kann. Viele Stammesangehörige glauben auch, dass im Baobab ihre Ahnen wohnen und sie so vor Unheil und Krankheiten beschützen.

Hohe Konzentration von Wildtieren in der Trockenzeit


Auch tierisch hat der Tarangire einiges zu bieten: Neben der größten Elefanten-Population in ganz Ostafrika soll es hier neben Giraffen, Büffeln, Zebras und verschiedenen Antilopen-Arten auch große Raubkatzen geben, Löwen beispielsweise, zudem Geparden und sogar Leoparden. „Hohe Konzentration von Wildtieren in der Trockenzeit“, schreibt Karl-Wilhelm Berger in seinem Kenia-Nordtansania-Reisehandbuch. Es ist Trockenzeit! Sogar große Trockenzeit! Diese hat Anfang Juni begonnen und dauert noch bis Ende Oktober. Eine kleinere Trockenzeit gibt es dann noch mal von Januar bis März. Das sind doch alles super Vorzeichen. Mal abwarten, was es zu sehen gibt.

Während Lazaro die Zugangsformulare ausfüllt, machen wir drei unsere ersten Wildlife-Fotos. Und obwohl Werner mit Nikon und ich mit Canon fotografiere, schenken wir uns nichts. Man merkt jetzt schon: Wir haben, was Fotografieren anbelangt, beide einen „Hau“ weg. Ganz anders Helmut, der guckt nicht durch den Sucher, der genießt direkt. Für den Fall der Fälle hat er ausschließlich eine kleine Hosentaschen-Kamera dabei. Mein erstes Foto im, genauer betrachtet, am Eingang des Tarangire Nationalparks mach‘ ich von einem rot blühenden Strauch, von dem ich noch nicht mal weiß, was es ist. Vielleicht schreibt’s mir mal jemand meiner Leser. Dann ruft Lazaro zum Aufbruch und es geht endlich los: Unser erster „Game-Drive“.

Zwischen Anubis-Pavianen und Impalas


Bereits 10 Minuten nach dem Eingang sehen wir dann unsere ersten Wildtiere, Anubis-Paviane (papia anubis) und Schwarzfersenantilopen (Aepyceros melampus). Anubis-Paviane sind nach dem ägyptischen Totengott Anubis benannt, dessen Kopf auf manchen Darstellungen dem der Affen sehr ähnelt. Anubis-Paviane haben ein ins Grüne gehende Fell und eine schwarze, hundeähnliche, allerdings fellfreie Schnauze, weswegen sie manchmal auch „Hundskopf-Affen“ genannt werden. Sie bewegen sich meist am Boden und hier auf allen Vieren. Nur zum Schlafen klettern sie auf Bäume oder auf schwer zugängliche Felsen. Was auffällt ist, dass ihr Schwanz zunächst rechtwinklig aus dem Körper heraus nach oben wächst und erst dann nach unten hängt. Das ist praktisch, weil der senkrechte Teil den Jungtieren beim Reiten als Lehne dient. Anubispaviane fressen alles, in erster Linie aber pflanzliches Material, wobei sie Insekten, Vogeleier und kleinere Wirbeltiere auch nicht verschmähen.

Schwarzfersenantilopen oder Impalas haben etwa die Größe eines Rehs und auch dessen Farbe. Nur an den Seiten sind sie etwas heller. Der Bauch, die Brust, die Kehle und das Kinn sind noch heller, fast weiß. Am Hinterteil haben sie (quasi auf jeder Po-Backe) einen senkrechten schwarzen Streifen. Warum sie „Schwarzfersenantilopen“ heißen, erklärt sich von selbst, wenn man ihre Hinterläufe etwas oberhalb der Hufe betrachtet: Dort haben alle Impalas ein schwarzes Fellbüschel. Impalas haben einen zierlichen Kopf, große Augen und lange, spitze, vom Kopf abstehende Ohren. Männchen haben zudem ein prächtiges, leierartiges Gehörn.

Dikdik


Keine zwei Minuten später sehen wir ein Dikdik (Madoqua). Dikdiks sind afrikanische Zwergantilopen, die kaum größer sind als mein Hund Chicco. Ihr Rücken ist hellbraun, ihr Bauch etwas heller. Mit ihrem weißen umgebenden Ring sehen ihre Augen noch viel größer aus, als sie ohnehin schon sind. Die Männchen der Dikdiks haben spießartige Hörnchen, die aber oft so kurz sind, dass sie von der „Elvis-Tolle“, die viele haben und die bei Erregung noch „toupierter“ hochgestellt wird, komplett verdeckt werden. Gegenüber anderen Böckchen haben Dikdiks eine deutlich verlängerte und in alle Richtungen bewegliche Schnauze.

Durch ihre geringe Größe, ihre Färbung und die Tatsache, dass sie sich ständig im Buschwerk verstecken, sieht man sie eigentlich recht selten. Bei der kleinsten Störung suchen sie das Weite, nicht ohne gleichzeitig einen lauten Warnruf von sich zu geben. Das hat schon so manchen Großwildjäger zur Weißglut gebracht, weil sie mit ihrem Warnruf eben auch andere Tiere zur Flucht animieren. Das Dikdik ist eigentlich ein „armes Schwein“, weil es praktisch bei jedem afrikanischen Raubtier auf der Speisekarte steht, selbst bei Pavianen, Adlern, Waranen oder Riesenschlangen. Dass wir ein lebendes Dikdik gesehen haben, freut mich deshalb ganz besonders. Also „Junge“, pass gut auf, die Jäger sind nämlich viel cleverer als wir „tumpen“ Fotografen.

Kennzeichen des Tarangire NP – Gnus und Baobabs


Gegen viertel vier sehen wir, unter einem riesigen Baobab stehend, zum ersten Mal zwei Vertreter der afrikanischen Steppentiere schlechthin: Weißbartgnus. Obwohl sie vorne wie eine verhungerte Kuh und hinten wie ein klappriges Pferd aussehen, gehören die Östlichen Weißbartgnus (Connochaetes taurinus albojubatus) zu den Antilopen. Jetzt sieht man’s erst! Außer den zwei stehenden sind da noch viel, viel mehr Tiere, die sich im von der Sonne verdörrten Steppengras niedergelassen haben und die man dort fast nicht erkennt. Von manchen schauen nur noch die kurzen, kräftigen Hörner hervor. Unmöglich zu erkennen, was Männchen oder Weibchen ist, denn bei Gnus tragen beide Geschlechter Hörner.

Während die Gnus in der Serengeti auf der Suche nach Nahrung alljährlich rund 2000 km unterwegs sind, sind die Gnus im Tarangire Nationalpark relativ ortstreu.

Zebras


Wo Gnus sind, findet man meist auch Zebras, im Tarangire Nationalpark sind das in der Regel Burchell- oder Steppenzebras (Equus quagga). Dass man Zebras und Gnus häufig zusammen antrifft, liegt daran, dass sie sich „nahrungstechnisch“ ergänzen. Wenn die Zebras das lange holzige Gras abgefressen haben, folgen die Gnus und Gazellen und fressen das darunter liegende Gras. Wenn man, auch in meinem Bild, ganz genau hinsieht findet man in der Gruppe immer mindestens ein Zebra, das als Schutz vor Raubtieren die Gegend absucht und Wache hält.

Strauße


Im Tarangire Nationalpark kann man des Öfteren auch Strauße (Struthio camelus) entdecken. Der Strauß ist von allen afrikanischen Vögeln der einzige, der nicht fliegen kann. Aber schnell ist er. Was viele nicht wissen, Strauße sind die schnellsten Zweibeiner der Welt überhaupt, mehr als doppelt so schnell wie Ursain Bolt und das über Distanzen, wo selbst ein Marathonläufer nur von träumen kann. Während die Männchen zu fleischfarbenem Hals und fleischfarbenen Beinen schwarze und weiße Federn tragen, sind Hennen und Jungtiere unscheinbar graubraun. Was bei Straußen auch noch erwähnenswert ist, ist die Tatsache, dass alle Hennen (eine Haupt- und die vielen Nebenhennen) ihre Eier in ein und dasselbe Nest legen. Brüten tun die Nebenhennen allerdings nicht. Das überlassen sie der Haupthenne und ihrem Prinzgemahl. Sie brütet tagsüber, er sitzt bei Nacht auf den Eiern.

Warzenschweine


Überall im Tarangire Nationalpark kann man auch auf Warzenschweine (Phacochoerus africanus) treffen, die im Gras nach Wurzeln oder Kräutern suchen. Warzenschweine ernähren sich übrigens nur vegetarisch, nicht so wie unsere Haus- oder Wildschweine, die ja wirklich alles fressen. Beim Wurzel- und Kräutersuchen knien sie häufig auf den Vorderbeinen und wühlen sich mit ihren langen Hauern horizontal durch die Grasnarbe. Deutlich kann man in ihrem Gesicht „Zapfen“ sehen, die direkt unter ihren Augen seitlich aus dem Gesichtsknochen herauswachsen und die ihnen den Namen „Warzenschwein“ eingebracht haben. Die „fellüberzogenen Gewächse“ sind aber gar keine Warzen. Mit dieser „Zierde“ und einer grauen Haut, auf der fast nirgendwo Fell wächst, sehen sie echt „bescheiden“ aus. Die Massai setzen allem noch einen drauf. Zum „beknackten“ Aussehen kommt dann auch noch ein unfairer Name: „Fisi“, so heißt das Warzenschwein auf Kisuaheli.

Warzenschweine können aber auch richtig lustig wirken. Wenn sie flüchten müssen, stellen sie ihre antennenartig dünnen Schwänze senkrecht in die Luft und rennen im „Schweinsgalopp“ davon. Sie sehen dann aus wie ferngesteuerte Modellautos, bei denen die Servos kaputt sind. Wegen eben dieser „Funkantennen“ werden sie in Tansania auch gerne „Radio Africa“ genannt.

Vielfältige Tierwelt


Ein paar hundert Meter weiter wird das Buschwerk lichter. Ein einzelner Elefantenbulle (Loxodonta africana) kreuzt unseren Weg. Schon tausend Mal im Zoo gesehen, ist es hier in der freien Wildbahn doch etwas ganz anderes. Das größte Landsäugetier der Erde! Mit einer stoischen Ruhe, so, als gäbe es uns gar nicht, hält er „eingenordet“ seinen Kurs. Zwei Meter weiter vorne und er würde glatt durch uns durchlaufen. Die Luft vibriert, nicht jedoch (wie man eigentlich erwarten könnte) der Boden. „Luftpolstersportschuhe“, die Adidas oder Nike nicht besser machen könnten, federn das Gewicht des 4-Tonnen-Kolosses butterweich ab. Der Graue ist so nahe, dass man seinen Atem hören kann. Die Kameras klicken staccato. Aus zwei Metern Entfernung seh’ ich sogar das Weiße in seinen Augen und mich beschleicht das Gefühl, dass der Einzelgänger unheimlich traurig ist. Vielleicht interpretier’ ich das aber auch nur rein. 3 Minuten hat diese Begegnung gedauert, dann ist alles vorbei. Genau so lautlos wie er gekommen ist, ist er auch wieder verschwunden.

Es gibt aber nicht nur „graue Eminenzen“ im Taragire Nationalpark. Eine (im Wortsinn) wahrlich schillernde Gestalt ist die metallisch glänzende Gabelracke (Coracias caudata). Der Vogel ist etwa gleich groß wie eine Elster, hat aber im Vergleich zu ihr einen relativ zum Körper viel größeren Kopf. Auch farblich ist die Gabelracke deutlich auffallender als eine Elster. Ihre Brust ist violett, der Bauch hellblau. Kopf und Genick sind türkisgrün. Gesicht und Rücken sind bräunlich und die Flügel sind ultramarinblau. Wie alle Racken sind Gabelracken Insektenfresser und jagen ihre Beute von erhöht gelegenen Ansitzen aus. Neben fliegenden Insekten fressen sie zusätzlich auch noch Spinnen und Raupen.

Etwas unscheinbarer und auch etwas kleiner als die Gabelracke, ist der Starweber (Dinemellia dinemelli) aus der Familie der Webervögel. Der etwa 20 bis 24 cm große Vogel hat einen weißen Kopf, eine weiße Brust und einen weißen Bauch, Rücken und Flügel sind schwarzbraun. Ihr Bürzel ist orangerot. Vielleicht tragen sie deshalb um die Augen (weil sie sich schämen?) eine schwarze Maske? Auf Nahrungssuche begeben sich Starweber gern in die Nähe von Viehweiden, wo die Insekten durch weidende Tiere aufgeschreckt oder von deren Dung angelockt werden. Möglicherweise ist so auch der englische Name des Starwebers entstanden, „White headed Buffalo Weaver“.

Obwohl sie Starweber heißen, sind sie webervogelmäßig alles andere als Stars. Ihre Behausungen sind eher unordentliche Gemeinschaftsnester, zusammengeschustert aus dornigen Zweigen. Einen Vorteil hat das allerdings auch: Die Dornen schrecken Feinde ab. Außen pfui, innen aber hui! Kommt man nämlich durch die unten liegende Einflugsöffnung nach innen, ist das Nest kuschelig weich gepolstert. (Nein, ich bin nicht selbst reingeflogen!) Starweber leben in kleinen Gruppen oder auch nur zu zweit, häufig in Gesellschaft mit Dreifarbenglanzstaren (Lamprotornis superbus), die ich aber heuer noch nicht gesehen habe.

Statt dessen sehen wir weiter unten, am trotz großer Trockenzeit immer noch teilweise wasserführenden Tarangire-River, die bis zu einem Meter großen Nimmersattstörche (Mycteria ibis). Die Vögel sind im Wesentlichen schneeweiß. Nur ihre Flügel sind an den Rändern schwarz umsäumt. Die langen, typischen Storchenbeine sind rosa bis orange. Das Gesicht hätte man aber auch etwas anders schminken können. Aus einem nackten, roten Gesicht springt ein leicht nach unten gekrümmter gelber Schnabel hervor. Da stehen sie nun da und lauern mit gesenktem Haupt auf Fische oder Frösche. Einer hat sich sogar hingehockt. Dazu hat er die unteren Storchenbein-Hälften einfach marabuartig nach vorne geklappt. Sieht irgendwie ungewohnt und echt „beknackt“ aus.

Inzwischen ist es traumhaft schön. Von einem Hügel aus, in sicherer Entfernung, beobachtet uns eine Gruppe Schwarzfersenantilopen. Erst zwei Stunden sind wir nun im Tarangire Nationalpark und haben schon so viel gesehen. Dabei hatte ich vorhin in der Zion Campsite noch so große Zweifel, ob das heute überhaupt noch was wird mit dem Game-Drive. Mehr als das, was wir jetzt schon gesehen haben, kann man nicht mehr wollen. Dabei ist heute erst der erste Tag. Lake Natron, Serengeti, Ngorongoro-Krater und Sansibar kommen ja auch noch.

Unten im Tal, wo eigentlich der Tarangire-River sein müsste, zieht eine Herde Elefanten (Loxodonta africana). Tembos, wie sie auf Kisuaheli heißen.

„Der Fluss sieht ganz schön trocken aus“, bemerkt einer meiner Mitfahrer. Doch keine Sorge, auch wenn man den Fluss bzw. dessen Wasser nicht so direkt sieht, ist er doch nie ganz verschwunden. Das Wasser fließt unter einem Sandbett weiter. Irgendwo wird es schon wieder an die Oberfläche kommen. Elefanten, die nicht so weit laufen wollen, scharren mit ihren (nein nicht Hufen!) mit ihren Füßen so lange im Sand, bis sich eine Mulde bildet. Dann kommen Stoßzähne und Rüssel zum Einsatz. So schaffen Elefanten auch im anscheinend trockenen Flussbett Wasserlöcher, die gerne auch von anderen Tieren, wie beispielsweise Massai-Giraffen (Giraffa camelopardalis tippelskirchi), angesteuert werden.

Zwischen Elefanten und Löwen


Dass die Elefanten tatsächlich Wasser gefunden haben, sieht man deutlich am nassen Rüssel dieses Jungelefanten, der eben das steile Ufer des Tarangire-River erklimmt (Bild links). An dieser Böschung müssen alle hoch, auch die Kleinen. Wie die das schaffen wollen? Wir sind gespannt. Mit den Vorderfüßen erst mal auf die Kante hinknien, hinten ein bisschen geschoben werden und schon sind auch die Kleinen oben.

Stolz holt sich Junior von Mama oder Tante „Rüsselstreicheleinheiten“ ab. Ist der Kleine dann erst mal oben angekommen, ist er der Größte. „Ich bin der Herr der Welt!“, scheint er (Bild rechts) voll Übermut hinauszutrompeten.

Dass er seine Streicheleinheiten von einer weiblichen Verwandten bekommt, kann ich deshalb so sicher sagen, da Elefantenherden mit Jungtieren in der Regel reine Weibchenherden sind. Es gibt bei Elefanten keinen von der Jahreszeit abhängigen Geburtszyklus, insofern sieht man in den Herden immer unterschiedlich alte Tiere. Allerdings sind die Jungtiere meist von verschiedenen Kühen. Eine Kuh, die eben ein Junges geboren hat, kann frühestens in 4 bis 5 Jahren wieder kalben. Sämtliche Tiere der Herde sind miteinander verwandt: Mütter, Töchter, Omas, Tanten, Großtanten. Angeführt wird die Herde immer von einer Leitkuh. Sie hält die Herde zusammen und bleibt ihr Leben lang Leitkuh. Stirbt sie, nimmt meist ihre älteste Tochter ihren Rang ein.

Bullen dürfen nur dann zur Herde, wenn eine der Kühe für wenige Tage „begattungsbereit“ ist. Ist er „zum Zug“ gekommen, geht er wieder zurück zu seiner Junggesellenherde.

Irgendetwas ist im Busch. Sofort werden die Jungtiere von den erwachsenen Tieren in die Mitte genommen und nach allen Seiten abgeschirmt. Am Steilufer des Tarangire-Rivers soll man immer mal wieder Löwen sehen, die hier genügend Beutetiere finden. Die Leitkuh steht etwas abseits ihrer Herde und erkundet die Lage, genauso wie Leit-Guide Lazaro, dessen Adleraugen die trockene Savanne Pixel für Pixel durchkämmen. Werner, Helmut und ich, wir sehen absolut nichts.

Dann zeigt Lazaro auf einen flachen rötlichen Felsen. Wir drei sind immer noch blind und kommentieren das auch noch: „Da ist doch nichts!“ „Doch rechts!“, meint Lazaro. In einem Fell, das vom Gras der trockenen Savanne fast nicht zu unterscheiden ist, liegt dort müde und träge ein Junglöwe (Panthera leo). Ob er die Unruhe bei den Elefanten ausgelöst hat? Ich weiß es nicht. „Da ist auch noch ein zweiter!“ Hat man seine Augen erst mal „auf Löwe geeicht“, dann sehen auch wir plötzlich sehr viel mehr. Die Leitkuh hat die beiden Löwen nun auch ausgemacht und bewegt sich rüber zu den Felsen. Jetzt ist allerhöchste Alarmstufe geboten! Ein klärendes „Gespräch“ und der Junglöwe trollt sich. Wer weiß, was die genervte Elefantenkuh mit ihm gemacht hätte, hätte er aufgemuckt.

Die Situation ist bereinigt, die Leitkuh geht zu ihrer Herde zurück, der „Verteidigungswall“ löst sich auf und man kann sich wieder Wichtigerem zuwenden: dem Fressen. 200 Kilo muss ein erwachsener Elefant täglich fressen und etwa genauso viel Wasser, nämlich 200 Liter, muss er trinken.

Beim Futter sind Elefanten nicht besonders wählerisch. Sie fressen so ziemlich alles: Gras, Büsche, Zweige, Rinde. Manchmal höhlen sie, wie schon erwähnt, auch einen ganzen Baobab aus.

Mir scheint, auch unser Kleiner scheint richtig froh zu sein. Mit seinem Grashalm zwischen den Lippen erinnert er mich irgendwie an Lucky Luke. Lucky war er auf jeden Fall heute, lucky, dass die Löwen ihn nicht angegriffen haben.

Drei Stunden sind wir nun im Tarangire Nationalpark unterwegs gewesen und sind mehr als auf unsere Kosten gekommen. Es war überwältigend, gleich am ersten Tag so viele verschiedene Tiere sehen zu können: Impalas, Paviane, Dikdiks, Gnus, Zebras, Strauße, Warzenschweine, einen einsamen Elefantenbullen, Gabelracke, Webervogel, Nimmersatt, Giraffe. Doch das Spektakulärste war wohl die Begegnung zwischen den Junglöwen und der Elefantenherde.

Ob der vielen Tiere habe ich ganz vergessen, die Vegetation zu würdigen, allen voran Baobabs und Schirmakazien. Es war so was von klasse, dabei hatte ich noch vor drei Stunden genölt. Ich glaube, ich hab noch eine Menge zu lernen, beispielsweise den Spruch: „Zusammengerechnet wird am Schluss.“


 

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MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA